Geburtshilfe

Mit Empathie und Wissen begleiten

Viele im Krankenhaus angestellte Hebammen sind nebenberuflich in Geburtsvorbereitung oder häuslicher Nachsorge tätig.
Viele im Krankenhaus angestellte Hebammen sind nebenberuflich in Geburtsvorbereitung oder häuslicher Nachsorge tätig. Getty Images/iStockphoto
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Die moderne Hebammenausbildung verbindet tradiertes Wissen mit aktueller Forschung.

Seit 2006 werden Hebammen in einem FH-Bachelorstudium ausgebildet. Beate Kayer, Vizepräsidentin des Österreichischen Hebammengremiums und Studiengangsleiterin des Hebammenstudiengangs der FH Burgenland, sieht darin nur Vorteile: „Dadurch haben die Hebammen eine wissenschaftliche Ausbildung und können somit auch in der Forschung und Lehre tätig sein.“ Außerdem müsse die Tätigkeit laut Hebammengesetz evidenzbasiert sowie auf dem aktuellen Wissensstand sein und dürfe nicht rein auf Erfahrungswissen fußen. „Dieses Studium ist eine nach EU-Recht reglementierte Berufsausbildung mit klaren Vorgaben“, beton Beate Elvira Lamprecht, Studiengangsleiterin des Studiengangs Hebammen an der FH Salzburg: „Jede Hebammenstudierende hat laut österreichischer Ausbildungsverordnung die eigenhändige Durchführung von mindestens 40Geburten nachzuweisen, dazu 100 Schwangere, 100Wöchnerinnen, 40gefährdete Frauen sowie 100 Neugeborene zu untersuchen und zu betreuen.“ In Salzburg gäbe es außerdem seit 2011 das Masterstudium Hebammenwissenschaft, das sich die Hebammen jedoch selbst finanzieren müssten.

Stressresistent und empathisch

Für das Studium und den späteren Beruf nennt Kayer folgende Voraussetzungen: „Es muss grundsätzlich Interesse an Frauen in der reproduktiven Lebensphase sowie den Lebensvorgängen bei Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Familienwerdung gegeben sein.“ Belastbarkeit, auch in emotionaler Hinsicht, sei unbedingt erforderlich: „Hebammen müssengleichzeitig stressresistent und empathisch sein.“ Üblicherweise gebe es wesentlich mehr Bewerberinnen als Studienplätze. Die FH Burgenland etwa hat jährlich 15 Plätze. „Das Studium ist sehr betreuungsintensiv“, sagt Kayer. Es sei viel Theoriewissen zu bewältigen, wobei die kleine Gruppe von Vorteil sei. Bei den praktischen Übungen sei der Jahrgang von 15 Studierenden nochmals geteilt: „So kann jede Studentin einzeln angeleitet werden. Das ist unerlässlich, damit sie gut vorbereitet in das Praktikum kommt.“

Unverdrossen bewerben

Kayer rät Interessierten, sich nicht vom großen Andrang abschrecken zu lassen: „Trotzdem bewerben. Es kann ein, zwei Jahre dauern, bis man wo unterkommt.“ In dieser Zeit könne man sich auf das Aufnahmeprocedere vorbereiten und an allen FH bewerben: „Das Hebammenstudium wird in Österreich an acht FH angeboten – wenn man diesen Beruf wirklich ausüben will, wird man unterkommen.“

Das moderne Berufsbild der Hebamme umreißt Lamprecht so: „Sie kennt sich mit Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen und deren Kindern aus und arbeitet – auch im Krankenhaus – weitgehend eigenverantwortlich.“ Viele der im Krankenhaus angestellten Hebammen seien nebenberuflich in der freien Praxis tätig, etwa in der Geburtsvorbereitung oder der häuslichen Nachsorge. Andere hätten sich auf außerklinische Geburtshilfe spezialisiert. Das Berufsbild sei aber noch breiter gefächert: „Wir bieten auch Unterstützung bei Kinderwunsch, machen Stillberatung, halten Rückbildungskurse oder bieten emotionale Erste Hilfe.“ Manche Hebammen brächten Zivildienern in Rettungssanitäterkursen das Vorgehen bei einer Geburt im Rettungswagen bei oder engagierten sich in der sexuellen Bildung als „Hebammen an Schulen“.

Im Herbst 2022 haben alle FH ihre Ausbildungsplätze erhöht. „Wir brauchen diese Aufstockung, um der bevorstehenden Pensionswelle zu begegnen“, sagt Lamprecht. Zudem sei die Bereitschaft gesunken, in einem Ausmaß von 100 Prozent in der Klinik zu arbeiten. „Wir werden also noch viel mehr Hebammen brauchen.“ Und eine gewisse Dichte könne als Qualitätssicherungselement gesehen werden. Anfang 2023 sind die Hebammentarife für Kassenleistungen angehoben worden. Darüber hinaus können Kassenverträge nun geteilt werden: „Hebammen, die einen Kassenvertrag übernehmen, können jetzt auch Teilzeit arbeiten“, nennt Kayer einige Anreize.

Auch Männer willkommen

Obwohl der Hebammenberuf traditionell ein weiblicher ist, steht die Ausbildung grundsätzlich auch männlichen Bewerbern offen, und diese haben laut Lamprecht auch die gleichen Chancen. „Jene Unterrichtsaspekte, die auf Eigenerfahrung basieren, müssen dann anders aufbereitet werden, etwa wenn der eigene weibliche Zyklus zum Thema gemacht wird oder Eigenerfahrung mit vaginalen Untersuchungen“, ergänzt Lamprecht.

Web:www.hebammen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2023)

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