Formel 1

Machtkampf in der eigenen Garage

Alles eitel Wonne – zumindest vor den Fans: Sergio Pérez (l.) und Max Verstappen.
Alles eitel Wonne – zumindest vor den Fans: Sergio Pérez (l.) und Max Verstappen. Getty Images
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Sergio Pérez wittert die WM-Chance und fordert seinen Teamkollegen Max Verstappen heraus. Wie souverän gehen Red Bull und Helmut Marko mit dem explosiven Stallduell um?

Melbourne. Es lässt tief blicken, wenn Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko zugeben musste, dass es selbst für die Teamführung unmöglich sei, Max Verstappen zu steuern. Kompromisse sind nichts für den 25-Jährigen. „Ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden“, sagt der zweifache Weltmeister, der sich vor zwei Wochen in Saudiarabien in der letzten Runde noch den WM-Punkt für die schnellsten Runde holte und nur durch dieses eigenmächtige Manöver die WM-Führung vor Teamkollege Sergio Pérez behielt. „Das konnten wir nicht kontrollieren. Das war Max“, erklärte Marko.

Dass der wohl einzige Konkurrent auf dem Weg zum dritten WM-Titel in Folge aus dem eigenen Team kommt, spielt für Verstappen kaum eine Rolle. Und so birgt das Duell mit dem Mexikaner Pérez bei Red Bull schon vor dem dritten Saisonrennen am Sonntag (sieben Uhr MESZ, Servus TV, Sky) im australischen Melbourne Zündstoff. Eskalation auf der Strecke nicht ausgeschlossen.

Keine Nummer zwei

Der 33-jährige Pérez sieht erstmals in seiner Karriere die Chance, ernsthaft um den Titel zu kämpfen. Der Routinier gilt schon lang als fähiger Fahrer, war bis zu seinem Wechsel zu Red Bull vor zwei Jahren bei Teams wie Sauber, Force India oder Racing Point aber nie in der Position, Weltmeister werden zu können. Fünfmal gewann er in seiner Karriere, Verstappen, Weltmeister von 2021 und 2022, fuhr schon 36 Mal auf Platz eins.

Allerdings noch nie in Australien. Seit 2011 wartet Red Bull auf einen Sieg im Albert Park. Sebastian Vettel siegte damals auf dem Weg zu seinem zweiten WM-Titel – und auch in diesen Jahren der Red-Bull-Dominanz gab es ein brisantes Teamduell. Vettel und der Australier Mark Webber schenkten sich auf und neben der Strecke nichts, negativer Höhepunkt war ein Unfall 2010 in Istanbul. Webber wurde dafür verantwortlich gemacht, Vettel ging als Sieger aus der Situation hervor und wurde anschließend viermal Weltmeister.

Wirklich souverän ging Red Bull um Teamchef Christian Horner damals nicht mit dem Machtkampf in der eigenen Garage um. Doch wie entwickelt sich die Rivalität zwischen Verstappen und Pérez? Droht auch hier ein Zusammenstoß? Beide gelten zwar nicht als beste Freunde, aber auch nicht als verfeindet. „Sergio Pérez wird sich auf kein Thema einlassen, bei dem er zukünftig Verstappen unterstützen muss. Da bin ich mir sicher“, meinte Ex-Formel-1-Fahrer und Sky-Experte Timo Glock. Pérez wolle kein Helfer mehr sein, keine Nummer zwei.

Erstmals überhaupt kann Red Bull an diesem Wochenende den dritten Doppelerfolg in Folge schaffen. Kaum jemand hat Zweifel, dass das gelingen wird. Natürlich ist Verstappen der Favorit, das Auto ist der Konkurrenz überlegen. „Wir müssen anerkennen, dass Red Bull weit enteilt ist“, sagte Mercedes-Fahrer George Russell vor dem Rennwochenende in Australien. 18 der vergangenen 21 Rennen haben Verstappen und Pérez gewonnen, zuletzt gab es sogar zwölf Siege in 13 Rennen. So richtig glücklich ist Verstappen momentan trotzdem nicht.

Neue Verstappen-Doku

Der Dominator wünscht sich ein zuverlässigeres Auto. Technische Probleme warfen ihn in Saudiarabien in der Qualifikation weit zurück, einen erneuten Start von weit hinten oder Ausfälle will er unbedingt vermeiden. „Es ist wichtig, dass wir uns da verbessern“, sagte Verstappen. Zudem hatte er sich einen Virus eingefangen, war in Dschidda nicht richtig fit. „Dieses Wochenende sollte deutlich besser sein“, meinte er.

Bestens gelaunt kam Verstappen im Fahrerlager an, probierte eine blonde Perücke im Vokuhila-Stil aus und war zu Scherzen aufgelegt. Seltene Einblicke in sein Privatleben wird es ab Sonntag erstmals in der Doku „Anatomie eines Champions“ geben, die auf der Streamingplattform Viaplay in seinem Heimatland erscheint. „Ich öffne mich eigentlich nicht so gern. Aber ich denke, es lohnt, sich das anzusehen“, sagte Verstappen, für den Australien einmal mehr die Rückkehr an einen besonderen Ort bedeutet: Mit nur 17 Jahren feierte er 2015 in Melbourne sein Formel-1-Debüt. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2023)

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