Unterwegs

Vom Suchen und Finden der nordamerikanischen Tech-Branche

Eine Spurensuche in San Francisco und Mexiko

Er existiert also doch. Der Silicon-Valley-Flüchtling. Lang wurde mir von ihm erzählt, dieser mythologischen Figur der Pandemie: Von dem ungebunden Arbeitenden, der seine Zelte dort aufschlägt, wo die Sonne immer scheint, die Covid-Restriktionen nicht so einschneidend sind und ihm sein amerikanischer Dollar das Leben eines Königs ermöglicht.

Die Pandemie ist in den USA nun ja schon länger und von Joe Biden höchstselbst für vorbei erklärt, doch die Fluchtbewegung der Laptop-Arbeiter, sie ist offenbar nicht vorüber. Das wurde mir klar, als ich im März etwas verdutzt auf dem menschenleeren, totenstillen Campus von Meta in Menlo Park stand. Freilich, die Firma formerly known as Facebookhat in den vergangenen sechs Monaten insgesamt 21.000 Mitarbeiter entlassen, doch sie saßen nicht alle im selben Büro in Kalifornien. Die digitalen – möglicherweise frisch gekündigten– Nomaden, sie mussten wohl existieren.

Gefunden habe ich sie dann eine Woche später – 3000 Kilometer weiter südöstlich, in Mexiko-Stadt. Die Pandemie im Rückspiegel, die verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase: Die digital nomads leben hier wie die Maden im Speck. Und haben ganz offenbar den Plan, ihre mexikanischen Gastgeber in gebrochenem Spanisch weiter zu plagen. Die Cafés seien hier so super, erzählen sie, und alles so billig! Aus New York kommend, halte ich entgegen, sei mir San Francisco auch günstig vorgekommen, doch einen Soli-Beitrag kann ich mir hier keinen erwarten. Die gebeutelte, shortstragende Tech-Branche stillt ihren Kummer mit Topo Chico im Exil.

E-Mails an: elisabeth.postl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.