Konzerthaus

Johann Sebastian Bachs philharmonische Heimholung

Franz Welser-Möst dirigierte die „Matthäuspassion“: klug disponiert, aber auch mit Gespür und im Bewusstsein einer großen Tradition.

Wär' nicht Wien, hätte nicht auch die allerhöchste spirituelle Erfahrung, eine Aufführung von Bachs „Matthäuspassion“, ihre Seitenblicke-taugliche Komponente. Um das also gleich vorwegzunehmen: Den Christus sang Liviu Holender. Mit wohltönendem, nobel geführtem, in allen Lagen firmem Bassbariton. Dank famoser Wortdeutlichkeit stand rasch fest, dieser junge Sänger verdankt das Engagement seinem Können. Apropos Söhne: Julian Prégardien trat als Evangelist in die Fußstapfen seines Vaters. Und verlieh dem Bibeltext eloquent und engagiert, ja: enragiert höchste Dringlichkeit.

Während Holenders Höhe fundiert von der Bruststimme beherrscht ist, mixt Prégardien die Register. Und scheut in Augenblicken äußerster Anspannung nicht davor zurück, seinen Tenor bis zum drohenden Bruch zu fordern. Diesen Tonfall steigerte Kollege Martin Mitterrutzner in der „Geduld“-Arie ins Exzessive. Bei „Ich will bei meinem Jesu wachen“ hatte ihm das philharmonische Oboen–Solo fast die lyrische Show gestohlen. Wie bei den Bass-Arien Ludwig Mittelhammers, wenn er gegen Sturmböen des satt besetzten Streichorchesters anzusingen hatte, überlegte man, ob die von Dirigent Franz Welser-Möst konsequent angewandte Teilung des Ensembles in zwei Chöre zwecks Differenzierung nicht auch bei den Gesangssolisten funktioniert hätte.

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