Russland

Nawalny-Team sieht russischen Geheimdienst FSB hinter Mord an Blogger

APA/AFP/OLGA MALTSEVA
  • Drucken

Eine festgenommene Frau habe Verbindungen zum inhaftierten Alexej Nawalny, heißt es aus Moskau. Dessen Umfeld widerspricht, man versuche dem inhaftierten Putin-Kritiker Terror in die Schuhe zu schieben.

Nach dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf den bekannten russischen Militärblogger Wladlen Tatarski in Sankt Petersburg haben die Behörden nach eigenen Angaben eine Tatverdächtige gefasst. Eine 26-jährige Frau namens Darja Trepowa sei festgenommen worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee am Montag mit, das Befugnisse einer Staatsanwaltschaft hat.

Kiews Geheimdienste hätten den "Terroranschlag" gegen Wladlen Tatarski geplant und dafür eine inzwischen inhaftierte Verdächtige herangezogen, teilte das Anti-Terror-Komitee am Montag mit. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin.

Gelegenheit, Nawalny lebenslang wegzusperren

Nawalnys Team hat die Vorwürfe des russischen Anti-Terror-Komitees hingegen kategorisch zurückgewiesen. Verantwortlich für die Ermordung des Propagandisten seien vielmehr Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB, teilten die im Exil im Ausland lebenden Oppositionellen Iwan Schdanow und Leonid Wolkow am Montag mit.

Schon seit Jahren versuche der Machtapparat, der Opposition Terror anzuhängen, sagte Schdanow. Entsprechende Vorwürfe des Anti-Terror-Komitees sind insofern heikel, als dass sich Nawalny bald in einem neuen Strafverfahren wegen Extremismus verantworten muss. Nawalny könnte in der Folge zur Höchststrafe wegen Terrors verurteilt werden, sagte Schdanow. Er und Wolkow warfen dem FSB vor, schon seit Jahren politische Morde zu inszenieren. Der FSB habe diesen Blogger, der auch die Kriegsführung des Verteidigungsministeriums in Moskau kritisierte, selbst "beseitigt".

Darja Trepowa gilt als Hauptverdächtige.
Darja Trepowa gilt als Hauptverdächtige.Reuters

Kremlchef Wladimir Putin hat Tatarski einen Orden verliehen. "Für Mut und Kühnheit, die er bei der Erfüllung seiner beruflichen Pflichten demonstriert hat, wird der Militärkorrespondent Fomin, Maxim Jurjewitsch (Wladlen Tatarski) postum mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet", heißt es in einem am Montag veröffentlichten Dekret.

Zehn Schwerverletzte durch Anschlag

Die Zahl der Verletzten bei dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf einen bekannten russischen Militärblogger in Sankt Petersburg ist einem Medienbericht zufolge auf 32 gestiegen. Zehn von ihnen befänden sich in ernstem Zustand, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA am Montag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, sieht eine Gruppe von Radikalen hinter dem Mordanschlag auf den Militärblogger.

Bei der Explosion am Sonntag in einem Café kam Tatarski ums Leben, der zu den prominentesten Militärbloggern Russlands zählt. In seinen Online-Beiträgen befürwortete er Russlands Krieg gegen die Ukraine, kritisierte aber auch oft Spitzenvertreter des Militärs. Beim Messagingdienst Telegram folgten ihm mehr als 560.000 Menschen. Tatarskis bürgerlicher Name lautet Maxim Fomin. 32 weitere Menschen seien verletzt worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur RIA am Montag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Zehn von ihnen befänden sich in ernstem Zustand.

Das Putin-Regime dürfte den Anschlag auch zum Anlass nehmen, die Terrorgesetzgebung zu verschärfen. "In der nächsten Zeit schlagen wir Änderungen vor, die die Strafen für Terrorismus verschärfen", schrieb der Chef des Sicherheitsausschusses im Parlament, der russischen Staatsduma, Wassili Piskarjow, am Montag auf seinem Telegram-Kanal. Die Änderungen beträfen nicht nur Terroranschläge selbst, sondern auch Beihilfe und Terror-Propaganda, kündigte der Abgeordnete der Kremlpartei Geeintes Russland an. Konkret solle der Katalog an Straftaten, auf die lebenslange Haft steht, vergrößert werden.

Söldnerchef Prigoschin: Kiew nicht schuld an Attentat

Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, in Russland mache sich "Inlandsterrorismus" breit. Söldnerchef Prigoschin sagte, er würde dem "Regime in Kiew" nicht die Schuld geben. Er gab zudem an, dass das Cafe früher ihm gehört habe. Er habe es aber "patriotischen" Aktivisten überlassen, die dort Treffen abhielten. Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig verifizieren.

Die Nachrichtenagentur Tass zitierte einen Insider, demzufolge die Bombe in einer Statuette versteckt gewesen sei. Diese sei Tatarski überreicht worden, als er in dem Cafe eine Ansprache vor einer Menschengruppe gehalten habe.

Sollte sich bestätigen, dass es sich um einen Anschlag auf Tatarski handelte, wäre dies das zweite Attentat dieser Art auf russischem Boden seit dem Beginn von Russlands Ukraine-Invasion im Februar 2022. Im August war bei einer Autobombenexplosion bei Moskau die Publizistin Darja Dugina getötet worden. Sie war die Tochter des radikalen Ideologen Alexander Dugin.

(APA/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.