Es grünt auch am Gewerbebau

gruent auch Gewerbebau
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Ohne Nebenwirkungen. Verschreiben sich Bauherren gesunden Baukriterien, ist das ein ökologisch sinnvolles Rezept, das sich auch ökonomisch rechnen kann.

Im Wohnbau ist „gesundes Bauen“ schon länger ein Thema. Errichter von Gewerbeimmobilien hingegen lassen es laut Hermann Jahrmann, Präsident des Baubiologischen Instituts in Linz, bislang eher vorsichtig angehen: „Bisher war man gewohnt, Gewerbebauten für eine überschaubare Nutzungszeit zu errichten. Da musste es schnell gehen und durfte nicht viel kosten. Wer allerdings längerfristig plant, legt inzwischen sehr wohl Wert auf Gesundheit im Arbeitsumfeld.“ Jahrmann war einer der Experten beim Bauherrenkongress in Linz, der unter dem Motto „from green to blue“ stand. Veranstaltet wurde er von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) und der Unternehmensberatung M.O.O.Con.

Schadstoffe im Innenraum, ozonausstoßende Bürogeräte und nicht sachgemäß gewartete Klimaanlagen führen häufig zum sogenannten „Sick Building“-Syndrom. An dessen Symptomen wie Kopfschmerzen, Allergien und verminderter Leistungsfähigkeit leiden laut Jahrmann inzwischen 20 Prozent der Mitarbeiter. Deshalb bedeutet für ihn gesund zu bauen vor allem schadstofffrei zu bauen, und zwar hinsichtlich der Baumaterialien, technischen Anlagen und des Bodens. Er warnt vor Formaldehyden in Spanplattensystemen, mangelnder Hygiene in technischen Geräten, die Schimmel und Feinstaub verursacht, und (radon-)verseuchten Böden.

Güteversiegelte Baustoffe

Als gesundheitlich unbedenklich gelten normalerweise Holz und Lehm, Ziegel und Beton. „Allerdings sind Gewerbebauten aus Holz immer noch die Ausnahme“, sagt Thomas Belazzi, Geschäftsführer von bauxund Forschung und Beratung. Dabei ist es heutzutage gut möglich, selbst Hallen mit großen Spannweiten aus dem nachwachsenden Baustoff zu errichten. Aber ein Gewerbebau aus Holz ist nicht per se gesund. „Wichtig ist, dass das Holz so wenig wie möglich behandelt wurde. Ich plädiere deshalb für einen Vermerk auf den Produkten“, so Jahrmann.

Unbedenkliche Baustoffe erkennt man an diversen Gütesiegeln wie zum Beispiel dem „Blauen Engel“, dem „natureplus“-Prüfzeichen oder dem weltweit gültigen FSC-Zertifikat für Holz und Holzprodukte. Auch die ÖGNI vergibt ein Gütesiegel, das unter anderem solche Kriterien erfüllt. „Gebäude, die nach ökologischen Kriterien errichtet werden, erzielen höhere Mieten und werden bei Verkäufen höher bewertet“, weiß Christian Ecker, zuständig für Konzepterstellung und Planung bei der EcoProjekt.

Bei aller Ökologie ist klar, dass die Bauherren natürlich auch ökonomisch denken. Dazu gehören eine kurze Bauzeit, zügige Inbetriebnahme und eine straffe Kostenführung. Deshalb kommen laut Ecker speziell „ökologische Baustoffe, im Werk vorgefertigt, mit kurzen Montagezeiten und niedrigen Herstellungskosten“ zum Einsatz. Im Bauträgerbereich werden darüber hinaus gern Konstruktionen verwendet, die „bei der Errichtung, Instandhaltung und beim Rückbau möglichst wenig nicht verwertbaren Abfall verursachen“. Initiativen wie „Ökokauf“, das ökologische Einkaufsprogramm der Stadt Wien, springen auf diesen Zug auf. Definiert wurden unter anderem ökologische Kriterien für Wandfarben, Bodenbeläge und Holzwerkstoffe. „Auch Niederösterreich, Vorarlberg und die Steiermark als öffentliche Bauträger verschreiben sich zunehmend gesunden Baukriterien“, sagt Belazzi. „Gebäudepässe haben viel Bewegung in dieses Feld gebracht. Auch der Druck des Marktes, der niedrige Betriebskosten fordert, verstärkt das Thema Lebensdauer und Werterhaltung bei Gewerbeimmobilien.“

Mehraufwand versus Mehrertrag

Dass ökologisches Bauen kostenintensiver ist, hält sich hartnäckig in den Köpfen der Bauherren. Zu Unrecht, meint Markus Preiner vom Institut für Energieausweis (IfEA), denn: „Legt man den Fokus auf die oberflächenbildenden Materialien, also Böden, Wände oder Decken, so bewegen sich die Mehrkosten für alternative Produkte bei wenigen tausend Euro im großvolumigen Bereich.“ Laut Jahrmann bewegt sich der Mehraufwand zwischen zwei und acht Prozent. Der Nachhaltigkeitsgedanke, dessen positive Aspekte den Lebenszyklus einer Immobilie verstärken und somit die Bewirtschaftungskosten reduzieren können, sickert laut Preiners Einschätzung nun bei Bauträgern ein: „Einige achten nun vermehrt auf gesundheitliche Bauökologie und Chemikalienmanagement, andere versuchen ressourcenschonender zu bauen und zu sanieren.“
www.baubiologischesinstitut.at, www.ifea.at,
www.bauxund.at, www.ecoprojekt.at, www.oekokauf.wien.at, www.ogni.at, www.moo-con.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)

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