Konrad Paul Liessmann feiert seinen 70. Geburtstag. „All das, was das Alter kennzeichnet, geht auch an einem denkenden Menschen nicht spurlos vorbei“, sagt Österreichs bekanntester Philosoph. Am liebsten wäre es ihm, ewig zu leben. Und Liessmann träumt davon, einmal selbst eine Oper zu inszenieren, um sich über das Regietheater nicht mehr ärgern zu müssen.
„Alter ist für den Philosophen ein Wettbewerbsvorteil“, haben Sie einmal gesagt. Sagen Sie das heute, wenige Tage vor Ihrem 70. Geburtstag, auch noch?
Konrad Paul Liessmann: Das kann man nur sagen, wenn man jung ist und darauf hofft, dass es einmal so sein wird. Es ist ein Klischee, dass mit dem Alter Wissen und Erfahrung verbunden sind, von Weisheit will ich erst gar nicht sprechen. Was ich damals wohl gemeint habe, ist, dass die Qualität der Philosophie auch davon abhängt, wie viel Zeit man aufwenden konnte, um Texte zu studieren, sich mit Autoren auseinanderzusetzen und sich Fragen zu stellen. Ein 20-Jähriger kann rein zeittechnisch nicht so viel gelesen haben wie ein 70-Jähriger. In dem Sinne ist Alter ein Vorteil. Aber das, was das Alter kennzeichnet, geht auch an einem Denkenden nicht spurlos vorüber. Neugier und Aufnahmekapazitäten werden irgendwann weniger.