Klimkin will bessere Beziehungen zu Moskau

Der ukrainische Vize-Außenminister Pavlo Klimkin wehrt sich gegen Vorwürfe, das Vorgehen der Justiz gegen die Vorgängerregierung sei politisch motiviert.

Wien/Hd. Julia Timoschenko kennt den Weg: Diese Woche wurde die ehemalige ukrainische Premierministerin und jetzige Oppositionsführerin bereits zum 13. Mal von der Staatsanwaltschaft vernommen. Die Justiz wirft ihr Amtsmissbrauch und Veruntreuung von Staatsgeldern vor. Sie ist nur der prominenteste Kopf in der Reihe ehemaliger Kabinettsmitglieder, gegen die seit dem Machtwechsel vor knapp einem Jahr ermittelt wird: Zehn teils hochrangige Mitarbeiter in Timoschenkos Regierung sind in Untersuchungshaft.

„Es gibt Gesetze, und es muss sich ganz einfach jeder an diese Gesetze halten. So einfach ist das. Wenn es Gesetzesbrüche gibt, sollte es auch eine Bestrafung dafür geben“, wischt Pavlo Klimkin, Vize-Außenminister der Ukraine, im „Presse“-Interview den Verdacht vom Tisch, das Vorgehen der Justiz könnte politisch motiviert sein. Ein Verdacht, von dem auch EU-Kommissar Stefan Füle gesprochen hat. Klimkin hebt demgegenüber hervor, dass sich die Venediger-Kommission des Europarats positiv über das ukrainische Gesetz zur Justizreform geäußert habe: „Das zeigt, dass die Reform in die richtige Richtung geht.“ Das unabhängige US-Institut „Freedom House“ stuft die Ukraine indes nur mehr als „teilweise frei“ ein: „Da müsste ich mir erst einmal die Methodik von Freedom House ansehen“, sagt Klimkin.

Bessere Beziehungen zu Moskau

Zu den „unfreien Staaten“ zählt Freedom House den großen Nachbarn Russland. Also jenes Land, zu dem die Ukraine unter Präsident Janukowitsch engere Bindungen anstrebt: „In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Gelegenheiten verpasst“, meint Vize-Außenminister Klimkin: „Jetzt hingegen gibt es ein positives Momentum in den Beziehungen.“ Unter der neuen Regierung herrsche eine andere Atmosphäre und es gebe den Willen, die wirtschaftlichen Beziehungen weiter zu verbessern.

Ob Russland wichtiger für die Ukraine sei als die EU? Dies könne man laut Klimkin nicht miteinander vergleichen: „Eine künftige Mitgliedschaft in der EU ist eine strategische Wahl der Ukraine“, versucht er Zweifel an der diesbezüglichen Orientierung seines Landes zu zerstreuen. Im Beitrittsprozess gehe es vor allem auch um das Vorantreiben einer Reformagenda. „Und darum, klarzumachen, wo die Ukraine liegt: dass ihr Platz in Europa ist.“

„Aber das hindert uns nicht daran, die strategische Partnerschaft mit Russland weiterzuentwickeln. Es hindert uns ja auch nicht daran, unsere strategischen Beziehungen zu den USA weiterzuentwickeln“, betont Klimkin, dem freilich bewusst ist, dass die Stimmung innerhalb der EU beim Thema Erweiterung einem „Auf und Ab“ unterworfen ist, wie er sich vorsichtig ausdrückt. Tatsächlich scheint ein solcher Beitritt derzeit in weiter Ferne zu liegen, für die EU hat der Westbalkan Priorität, und auch da geht es viel langsamer, als es die Beitrittsaspiranten gern hätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)

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