Tisch für vier

Lokalkritik aus dem Sil: Ein Tempel für Brunchgläubige

Brunchlokal Sil
Brunchlokal SilChristine Pichler
  • Drucken

Die Atmosphäre im Sil hinter dem KHM gleicht passenderweise der eines Museumscafés. Hunde werden auch versorgt.

Hinter dem Kunsthistorischen Museum wurde nun der ganztägigen Frühstückskultur ein Tempel errichtet. Der Ort ist passend, gleicht die Atmosphäre im Sil doch irgendwie der eines Museumscafés: ruhig, zurückhaltend, schöne helle Wände, die Lichtflut durch hohe Fenster. Überhaupt drängt sich hier niemand unangenehm in den Vordergrund.

Die Küche ist zwar offen, bietet sich aber ähnlich einem Aquarium als optionaler Blickfang an: Man kann hinschauen, muss aber nicht. Die Dekoration beschränkt sich steppenartig auf büschelweise Trockenblumen und kunstvoll ausgebeulte Vasen. Ja, selbst die Kellner in weißen T-Shirts und braunen Hosen fügen sich quasi als Mobiliar in den Raum. Das lässt Luft zum Atmen. Schön, wenn einem nicht in jeder Ecke hyperpersonalisierte Inneneinrichtung aufgedrängt wird.

People Pleaser

In Wien müsse also die Brunch-Szene überdacht werden, man solle sich auch in der Früh was trauen, „statt dem Marmeladesemmerl auch einmal Beef Tatar“ bestellen, wie es der Kellner formuliert. Letzteres steht zwar noch nicht auf der Karte, dafür aber Bagelvariationen, Minutensteak auf Sauerteigbrot oder Erdäpfelwaffeln mit gebeiztem Lachs und Nussbutter-Hollandaise.

Brunchlokal Sil
Brunchlokal SilChristine Pichler

Dazu gibt’s neben Kaffee- und Teespezialitäten auch Cocktails und Spritzer. Zum Teilen sind die Gerichte zwar nicht gedacht, doch würde man das jedem ans Herz legen. Am besten geht man zu viert hin und bestellt die Karte durch. Teilt sich etwa die „Œufs diaboliques“, hart gekochte, in Sojasoße marinierte Eier, serviert mit Knusperwildreis, Brunnenkresse, sämiger Mayonnaise, scharfen Ingwerblättchen und eingelegten sauren Zwiebeln (9 Euro). Die Geschmacksintensität lässt sich gut mit dem Sauerteigbrot mit Avocado und Pulled Pilz auffangen (13 Euro), bei dem der Umami-Kick mild ausfällt.

Die Fleischbällchen vom Maishendl sind wohlig-warme People Pleaser, ganz so, wie es sein soll: Nahrung für die Seele, weich gebettet auf glattem Polentapüree (12 Euro). Ähnlich steht es um den weichen Cheesecake mit Karamellsoße: Man kann ihn nicht nicht mögen (6,50 Euro). Herausfordernder ist die „Erdartischocke“, vulgo Topinambur (12 Euro). Serviert mit geräuchtertem Ricotta, knackfrischem Karfiol und Brösel, innen nussig weich, die Schale eindringlich aromatisch. Das ist Brunch einmal anders. Wer sich auch bei den Getränken wagemutig zeigt, schließt ab mit Espresso Orange. Der schmeckt zwar im ersten Moment wie ein instagramtauglicher Unfall, macht aber trotzdem Spaß. Ach, und Hundebesitzer aufgepasst: Für die Vierbeiner gibt es eine eigene Karte!

Auf einen Blick

Sil, Babenbergerstraße 5, 1010 Wien, E-Mail: office@sil.wien, Restaurant: Di–So: 9–18 Uhr. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.