Zwischen Germanen- und Judentum: ein erster Blick ins neue, noch unter Verschluss gehaltene FPÖ-Programm.
Der Begriff „Leitkultur“ kommt im neuen FPÖ-Parteiprogramm zwar nicht explizit vor, die Freiheitlichen bekennen sich aber zu einer Kultur, die auf „der griechischen Philosophie, dem römischen Recht, dem germanischen Freiheitswillen, dem Judentum, dem Christentum und der Weiterentwicklung durch Reformation, Humanismus und Aufklärung“ fußt.
Zwölf Seiten umfasst das neue FPÖ-Programm. Mit zehn Kapiteln – von „Arbeitswelt und Wohlstand“ über „Weltoffenheit und Eigenständigkeit“ bis „Kunst und Inspiration“. Knapp, und komprimiert soll es sein. Ein lesbarer Leitfaden für freiheitliche Politik. Wer sich mit der Materie eingehender auseinandersetzen möchte, muss das dickere, 300Seiten starke „Freiheitliche Handbuch“, das zeitgleich in dritter Auflage erscheint, zur Hand nehmen.
Auf einem Programmparteitag, höchstwahrscheinlich im Mai, soll das neue FPÖ-Programm von den Delegierten beschlossen werden. Derzeit wird es noch unter Verschluss gehalten, vor Kurzem wurde es den Mitgliedern des Parteivorstands zur Absegnung zugesandt. Bis 6.Februar sollen die Antworten eintrudeln.
Aberkennung des Religionsstatus. Umstritten ist noch das Integrations- und Ausländerthema im Kapitel „Heimat und Identität“. Die rechten Hardliner um Martin Graf treten hier für eine Verschärfung ein, die Moderaten um Parteichef Heinz-Christian Strache bremsen jedoch. Im Programm bleiben wird jedenfalls die Forderung nach einer Aberkennung des Status einer Religionsgemeinschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts, wenn eine solche „beharrlich die Verfassung bekämpft“, wie es im Text heißt.
Die meisten Kapitel stehen aber mehr oder weniger außer Streit. Im Kapitel „Arbeitswelt und Wohlstand“ werden etwa die Agenden Budget, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpolitik zusammengefasst. Bei den Familien tritt die FPÖ für ein Steuersplitting ein, die Familie wird als „Familiengemeinschaft“, also als Summe ihrer Mitglieder verstanden. Breiten Raum nimmt die Sozial- und Infrastrukturpolitik ein. Auch die gemeinsame Obsorge beider Eltern für das Kind wird propagiert.
Österreich ist kein Einwanderungsland.Verantwortlich für das neue Programm ist Vize-Parteiobmann Norbert Hofer. „Dieses ist nun nicht mehr aus der Sicht des Politikers geschrieben, sondern aus der Sicht des Bürgers“, sagt Hofer. Man habe sich in erster Linie um „positive Formulierungen“ bemüht. Und wie sieht er das heikle Integrationskapitel? „Dass Österreich kein Einwanderungsland ist, steht außer Frage. Es ist aber ein Gebot der Menschlichkeit, Verfolgten politisches Asyl zu gewähren.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2011)