Extremabenteuer

Spanierin verbrachte 500 Tage isoliert in einer 70 Meter tiefen Höhle

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Die Extremsportlerin Beatriz Flamini (50) war im Rahmen eines Projekts in der Region Granada de facto total isoliert. Nahrung und andere Güter bekam sie indirekt ohne persönliche Kontaktaufnahme. Sie wäre gern länger in der Tiefe geblieben, sagte sie am Freitag.

So was aber auch: Sie hatte bisher keine Ahnung vom Ukraine-Krieg und wusste auch nicht, dass die Pandemie vorbei ist. Die Spanierin Beatriz Flamini hat freiwillig 500 Tage in vollkommener Isolation unter der Erde gelebt - und zwar in einer circa 70 Meter tief gelegenen Höhle nahe der Küste bei der Stadt Motril in der südspanischen Provinz Granada.

„Ich habe diese ganze Zeit mit niemandem gesprochen, nur mit mir selber", sagte die 50 Jahre alte Bergsteigerin, Kletterin und Höhlenforscherin am Freitag.

Kurz nach neun in der Früh war sie mit einem breiten Lächeln und unter großem Medienrummel aus dem Loch gekrochen. „Ich werde euch schon erzählen, wie es da unten war (...) Aber wenn ihr es erlaubt, gehe ich jetzt erst einmal duschen, denn ich habe seit eineinhalb Jahren kein Wasser mehr angerührt", sagte sie laut lachend vor den Kameras des staatlichen TV-Senders RTVE und anderer Medien, die stundenlang live von der Costa Tropical in Granada berichteten.

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SPAIN-SPORTS-HEALTHAPA/AFP/JORGE GUERRERO

Nachdem sie wieder ans Tageslicht gekommen war, umarmte Flamini als erstes rund zehn Minuten lang Angehörige und Freunde und auch die Forscher, die das Projekt geleitet und begleitet haben. Die Frau war sichtlich bewegt, nicht nur bei ihr flossen Freudentränen.

Projekt „Timecave“ zweier Universitäten

Flamini, laut Medien eine „Elitesportlerin", machte gesundheitlich und emotional einen guten Eindruck, obwohl sie zunächst etwas Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu halten, wie sie einräumte. Entgegen der Empfehlung nahm sie bei strahlendem Sonnenschein nicht nur den Schutzhelm, sondern auch die dunkle Brille ab. In ihrem ersten kurzen Statement bezeichnete sie die Höhlen-Erfahrung als „ausgezeichnet, nicht zu übertreffen, nicht zu übertreffen!". Danach aß sie Spiegeleier mit Pommes frites.

Das auf Video festgehaltene Projekt „Timecave" wurde von Forschern verschiedener Disziplinen der Universitäten Granada und Almería geleitet und begleitet. Laut ihren Angaben hatte Flamini seit Beginn des Experiments im November 2021 überhaupt keinen Kontakt zur Außenwelt. Sie hatte unter anderem weder Uhr noch Telefon und verfügte zwar über Strom und einen Laptop, mit dem sie allerdings nur Informationen senden (etwa einen Hilferuf und Berichte über die Lage), aber nicht empfangen konnte.

Flamini habe sogar darauf bestanden, dass man ihr nicht einmal von ganz schlimmen Ereignissen berichte - nicht einmal im Falle des Todes von Angehörigen oder Freunden.

Nach Angaben der spanischen Forscher brach Flamini einen diesbezüglichen Weltrekord der Italienerin Christine Lanzoni, die 2007 genau 269 Tage in einer Höhle verbracht hatte. Es war zunächst aber unklar, ob ein solcher Rekord beim Guinness Buch der Rekorde auch registriert ist., „Das ist ein unvergesslicher Tag", sagte der Höhlenforscher Paco Morales zu RTVE. „Beatriz ist mit einer unglaublichen Vitalität und Stärke da herausgekommen. Hut ab."

Flamini wurde in Spanien zur Heldin des Tages. Sie und ihr Team wurden sogar von Mitgliedern der linken Regierung gelobt. Der Minister für Industrie, Handel und Tourismus, Hector Gómez, würdigte ihren Mut. Das Experiment war aber keineswegs nur eine Mutprobe. Die Forscher wollen die Auswirkungen der totalen Isolation untersuchen und unter anderem ermitteln, ob sie zu neuropsychologischen und kognitiven Veränderungen geführt hat.

Sie strickte, philosophierte, schrieb Texte

Doch wie war das Leben in der finstren Höhle? Flamini hatte offenbar darin ein Zelt. Man versorgte sie regelmäßig mit (insgesamt eineinhalb) Tonnen Lebensmitteln, Wasser, Kaffee und sonstigem Material, das man jeweils in eine „Sicherheitszone" im Höhlenverlauf brachte, aber ohne persönlichen Kontakt herzustellen. Diese Zone wurde per Kamera überwacht und Flamini musste aus Sicherheitsgründen dort regelmäßig vorbeischauen, um sich zu zeigen.

Beatriz Flamini, a Spanish mountaineer pictured in a cave in Motril
Beatriz Flamini, a Spanish mountaineer pictured in a cave in Motrilvia REUTERS

In der Einsamkeit habe sie viel gestrickt und philosophiert, heißt es. „Sie hat uns Videos geschickt, 60 Bücher gelesen, (...) sie hat Gedichte und Erzählungen geschrieben." Natürlich habe es auch schwere Momente gegeben. Einmal gab es etwa eine Invasion von Fliegen in der Tiefe. Auf einem der veröffentlichten Videos ist zu sehen, wie Flamini die Hände vors Gesicht schlägt und sagt: „Was für ein furchtbarer Tag. Ich will nur die ganze Zeit weinen."

„Das waren gefühlsmäßig nur 160, 170 Tage"

„Aber sie hat viel Erfahrung, Überlebens-Erfahrung, und hatte deshalb alles gut im Griff", betonte Morales. In einer Pressekonferenz zeigte Flamini, dass sie auch nicht ichbezogen ist. „Ich tue das auch, weil ich denke, dass es dazu beitragen kann, zu helfen und das Leben anderer Leute zu verbessern". Die Zeit sei irgendwie wie im Flug vergangen. „Für mich waren das gefühlsmäßig nur 160, 170 Tage.“ (APA, wg)

Beatriz Flamini, a Spanish mountaineer pictured in Motril
Beatriz Flamini, a Spanish mountaineer pictured in Motrilvia REUTERS

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