Der ökonomische Blick

Klimaschädliche Subventionen: Wo bleibt der Reformeifer?

imago images/Thomas Eisenhuth
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Obwohl der Abbau umweltschädlicher Subventionen seit langem in Wissenschaft und Politik diskutiert und auch von internationalen Organisationen gefordert wird, sind weder international noch in Österreich gezielte Bestrebungen feststellbar.

Für die Bewältigung der wirtschaftlichen Effekte der Covid-19 Krise wie auch aktuell im Kontext der durch den Ukrainekrieg ausgelösten Energiekrise spielen öffentliche Fördermittel eine große Rolle. Aktuell werden für die kurzfristige Abfederung der stark gestiegenen Energiekostenbelastung diverse Maßnahmen gesetzt, die jedoch sowohl in Hinblick auf die budgetäre Wirkung und die soziale Treffsicherheit als auch in Hinblick auf ihren Einfluss auf die Erreichung langfristiger Klimaziele zu diskutieren sind.

Bei der Bewertung von politischen Maßnahmen generell und von Fördermitteleinsatz im Speziellen ist zu berücksichtigen, dass damit jeweils eine primäre Intention (z.B. Wettbewerbssicherung, Einkommensverteilung) verfolgt werden soll, es aber sowohl zu Synergien als auch zu Konflikten mit anderen Zielen kommen kann. Zu letzteren zählen negative Klimawirkungen, die als nicht intendierte Nebeneffekte von Förderungen auftreten.

Jede Woche gestaltet die „Nationalökonomische Gesellschaft" (NOeG) in Kooperation mit der "Presse" einen Blog-Beitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften. Dieser Beitrag ist auch Teil des Defacto Blogs der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Central European University (CEU). Die CEU ist seit 2019 in Wien ansässig.

Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der „Presse"-Redaktion entsprechen.

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Es gibt kein Subventionscontrolling

In der Klimapolitik ist ein zentraler Ansatz, Preissignale zu setzen, die einerseits die Umweltauswirkungen bestimmter Aktivitäten widerspiegeln und andererseits Anreize schaffen, in technologische Lösungen zu investieren. Neben der Besteuerung von fossiler Energie und Treibhausgasemissionen erfordert dies auch die Identifikation und Reform von Subventionen, die die Verwendung fossiler Energie und emissionsintensive Aktivitäten begünstigen. Im Gegensatz zu Förderungen für Umweltschutzmaßnahmen (z.B. für den Ausbau der Photovoltaik), die in der Regel über Zuschüsse gewährt werden, sind klimaschädliche Anreize meist Steuerermäßigungen oder -befreiungen. Diese sind oft nicht leicht identifizierbar und es gibt kein umfassendes und regelmäßiges Subventionscontrolling.

Obwohl der Abbau umwelt- und klimakontraproduktiver Subventionen seit langem in Wissenschaft und Politik diskutiert und auch von internationalen Organisationen gefordert wird, sind weder international noch in Österreich gezielte Reformbestrebungen feststellbar. Vielmehr zeigt sich aktuell im Zuge der als Reaktion auf die drastischen Steigerungen der Energiepreise implementierten Entlastungspakete eine gegenläufige Tendenz. Auch wenn diese primär auf eine Reduktion der Energiekosten ausgerichteten Maßnahmen befristet sind, wird dadurch dennoch die Herausforderung für eine Subventionsreform und das Einschwenken auf einen mit den langfristigen klimapolitischen Zielen kompatiblen Pfad größer.

Eine rezente Analyse der klimaschädlichen Subventionen in Österreich ergab eine Bandbreite für das jährliche Volumen von 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro. Da für einige Maßnahmen mangels (geeigneter) Daten eine Quantifizierung nicht möglich war, stellt diese Summe eine Untergrenze dar. Ein Teil dieser Instrumente beruht auf internationalen Vereinbarungen oder EU-Recht (z.B. die Nicht-Besteuerung des internationalen Flugverkehrs) und ist somit im nationalen Alleingang nicht reformierbar. Hier wäre es wichtig, sich auf internationaler Ebene für entsprechende Anpassungen starkzumachen. Mehr als die Hälfte des identifizierten Subventionsvolumens fällt hingegen in österreichische Kompetenz und könnte umgestaltet werden, um mit dem nationalen Ziel der Klimaneutralität 2040 und dem Paris-Ziel für 2050 kompatibel zu sein.

Subventionsvolumen stagniert trotz steigenden Bewusstseins

Trotz des steigenden Bewusstseins bezüglich der Dringlichkeit des Klimawandels und der Not-wendigkeit, Maßnahmen umzusetzen, hat sich das Volumen der Subventionen für fossile Energie oder klimakontraproduktive Aktivitäten weder international noch in Österreich in den letzten Jahren substantiell verändert. Insbesondere lässt sich, trotz wiederholter Forderungen internationaler Organisationen zur Reform fossiler Subventionen, keine gezielte Reformpolitik in diesem Zusammenhang festmachen. Im Gegenteil, durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Teuerung werden Förderungen erhöht oder neu implementiert, die Energieverbrauch vergünstigen bzw. keine Anreize für einen effizienten Umgang mit Energie beinhalten.

Bei der Analyse der Subventionen bzw. der Entwicklung von Reformvorschlägen ist einerseits der gesetzliche Rahmen (primäre Zielsetzung, rechtliche Zuständigkeit, Reformierbarkeit auf nationaler Ebene oder über Änderungen des EU-Rechts) zu beachten. Andererseits gilt es auch Interdependenzen zwischen einzelnen Maßnahmen zu berücksichtigen. Dies umfasst auch Regulierungen, die zwar nicht direkt budgetrelevant sind, aber dennoch eine Begünstigung für fossile Strukturen darstellen (z.B. Stellplatzverpflichtungen). Als Grundlage für eine Reform müsste also ein systematisches und regelmäßiges Monitoring der Subventionen durchgeführt werden.

Die systematische Berücksichtigung der Klimawirkungen des Förderungssystems ist nicht nur für die bestehenden, sondern auch für neu geschaffene Maßnahmen notwendig. Gerade die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit den drastischen Energiepreisanstiegen illustrieren, wie wichtig die empirische Evidenz über Anreizwirkungen und Umwelteffekte von Subventionen ist. Es zeigt darüber hinaus auch die Notwendigkeit, auf Basis dieser Evidenz einen Plan für die Reform der Subventionsmaßnahmen und die Erreichung eines Paris-kompatiblen Entwicklungspfades zu definieren. Angesichts der sich rasch verschärfenden Klimakrise und enger budgetärer Spielräume wäre es naheliegend, eine Reform von Regulierungen und Förderungen mit klimaschädlicher Anreizwirkung prioritär zu behandeln.

Die Autorinnen

Daniela Kletzan-Slamanig (*1972) und Angela Köppl (*1960) sind Referentinnen für Energie und Klima am WIFO. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die europäische und österreichische Energie- und Klimapolitik, ökonomische Instrumente der Klimapolitik sowie Transformationspotentiale im Energiesystem.

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