Junge Forschung

Juristisches Rätsellösen als Passion

Für Martin Trenker geht es bei einer guten Ausgestaltung des Insolvenzrechts auch um das gesellschaftliche Gerechtigkeitsempfinden.
Für Martin Trenker geht es bei einer guten Ausgestaltung des Insolvenzrechts auch um das gesellschaftliche Gerechtigkeitsempfinden. Thomas Steinlechner
  • Drucken

Rechtswissenschaften – eine trockene Materie? Diesem Vorurteil kann Martin Trenker nichts abgewinnen. Er liebt das Auslegen von Gesetzen anhand konkreter Praxisfälle.

Wer auswendig lernt, habe es bei ihm schwer, meint Martin Trenker. Der Professor für Zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Innsbruck mag es, wenn er seinen Studierenden das Verständnis dafür vermitteln kann, was die jeweiligen Rechtsnormen bedeuten und auf welche Konstellationen man sie anwenden kann. Es gehe darum, die Grundstruktur des Fachs zu verstehen, und nicht darum, Gesetzestexte auswendig zu können, sagt der 36-jährige gebürtige Tiroler: „Wenn man sich für das Leben interessiert, logisch denkt und gern Rätsel löst, dann ist die Juristerei ein unglaublich spannendes Feld.“ Diese Begeisterung für sein Fach will Trenker auch bei seinen Studierenden wecken.

Aus Verlegenheit wurde Leidenschaft

Obwohl schon sein Vater und Großvater Rechtsanwälte waren, hat er sich erst im letzten Moment und eher aus Verlegenheit für das Jusstudium entschieden. Die Unmengen an Lernstoff hätten ihn damals eher abgeschreckt, erzählt Trenker. Aber schon in den ersten Vorlesungen des römischen Rechts hat ihn die Leidenschaft gepackt. Und er habe den Lehrenden Löcher in den Bauch gefragt. Damit sei er aufgefallen und habe das Angebot bekommen, als studentischer Mitarbeiter am Institut für Unternehmensrecht anzufangen. Es war ein erster, kleiner Schritt in Richtung universitärer Karriere. Im Lauf der Jahre habe sich für ihn eine Tür nach der anderen aufgetan, sagt Trenker im Rückblick. Seine Dissertation schrieb er noch am Institut für Unternehmensrecht, danach arbeitete er auf einer Post-Doc-Stelle am Institut für Zivilgerichtliches Verfahren.

Heute forscht der Jurist vor allem an der Schnittstelle beider Fächer, nämlich an jener zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht. „Ein extrem interessantes Feld – theoretisch spannend und praktisch wichtig“, sagt er. Er beschäftigt sich unter anderem mit Fragen, wie man das – seiner Meinung nach in Österreich durchaus gute – Insolvenzrecht da und dort in den Details noch verbessern kann.
Im Fokus steht dabei stets das Thema Gläubigerschutz. Trenker nennt als aktuelles Beispiel folgende Konstellation: Wenn bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu wenig Vermögen vorhanden ist, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken, wird das Verfahren erst gar nicht eröffnet. „Damit untersucht aber auch kein Insolvenzverwalter, ob es im Vorfeld der Pleite Malversationen gegeben hat.“ Wenn die Gesellschafter es also schaffen, die GmbH finanziell so „auszuräumen“, dass kein Insolvenzverfahren eingeleitet werde, schauten die Gläubiger durch die Finger.

Was ist gesellschaftlich gerecht?

„Eine Möglichkeit wäre, dass der Staat in so einem Fall die Anlaufkosten für ein Insolvenzverfahren aus öffentlichen Geldern vorschießt“, sagt der Jurist: Eine entsprechende Initiative der Richtervereinigung ist gerade in Planung.

Für Trenker ist eine gute Ausgestaltung des Insolvenzrechts auch ein Thema des gesellschaftlichen Gerechtigkeitsempfindens. Dementsprechend ist eine Entschuldungsmöglichkeit im Rahmen einer Privatinsolvenz zwar volkswirtschaftlich essenziell, der Zeitraum von nur drei Jahren für die Entschuldung sei ihm persönlich aber zu kurz. „Wenn ich brav und ordentlich wirtschafte und meinen Nachbarn sehe, der in Saus und Braus lebt und seine Gläubiger prellt, aber trotzdem so schnell wieder schuldenfrei ist, finde ich das nicht fair.“

Einen Ausgleich zu seiner Forschung findet der Tiroler beim Tennis-, Tischtennis- und Fußballspielen, beim Filme-Schauen oder in der Literatur. Zumindest einmal im Jahr zieht es ihn in die Ferne – vorzugsweise in Gegenden, die touristisch nicht so im Fokus stehen. Zuletzt war er in Uganda, Guatemala und Jordanien. Beruflich hat er sein größtes Ziel schon erreicht. Mit nur 34 Jahren wurde er zum Uni-Professor für Zivilgerichtliches Verfahren an die Uni Innsbruck berufen. Weil er auf seinem Weg selbst mehrere Mentoren hatte, die ihn unterstützten, nennt er als künftiges Ziel vor allem die Nachwuchsförderung.

Zur Person

Martin Trenker (36) wurde in St. Johann geboren, er studierte an der Uni Innsbruck Rechtswissenschaften und Wirtschaftsrecht. Nach dem Doktorat arbeitete er u. a. am Obersten Gerichtshof, forschte in Hamburg und Zürich und hatte eine Gastprofessur an der WU Wien. 2019 habilitierte sich Trenker, seit 2021 leitet er das Institut für Zivilgerichtliches Verfahren der Uni Innsbruck.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.