Morgenglosse

Dann wäre Kurz noch Kanzler

20220928 30. Sitzung des parlamentarischen OEVP-Untersuchungsausschusses WIEN, OESTERREICH - 28. SEPTEMBER: Ehem. Bunde
20220928 30. Sitzung des parlamentarischen OEVP-Untersuchungsausschusses WIEN, OESTERREICH - 28. SEPTEMBER: Ehem. Bunde(c) IMAGO/SEPA.Media (IMAGO/Martin Juen)
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Die ÖVP will das Zitieren aus Strafakten verbieten. Das wäre ein schwerer Schlag gegen die freie Berichterstattung.

Wie würde Österreich heute aussehen, hätte es in den vergangenen Jahren schon ein Verbot gegeben, aus Strafakten zu zitieren? Wäre dann Sebastian Kurz immer noch Bundeskanzler und die ÖVP in den Umfragen klar voran? Dieses Szenario klingt recht wahrscheinlich. Die Veröffentlichung von all den Chat-Nachrichten aus dem Handy von Thomas Schmid hatte eine verheerende Wirkung für die Volkspartei und hat der Karriere von Sebastian Kurz ein jähes Ende gesetzt.

Insofern ist die Forderung von ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler nach einem Verbot, aus Strafakten zu zitieren, ein leicht durchschaubares Manöver, um weiteres Unheil von der Partei abzuwehren. Wobei das Argument, man müsse die Privatsphäre schützen, auf die meisten Veröffentlichungen der jüngeren Vergangenheit nicht zutrifft. Wenn es darin beispielsweise um Inseratengeschäfte im Gegenzug zu positiver Berichterstattung geht, hat das mit privater Kommunikation wenig zu tun. Das Aufdecken derartiger Vorgänge zu unterbinden, wäre ein schwerer Schlag gegen eine frei Berichterstattung.

Aber ja, das Argument, private Kommunikation schützen zu wollen, hat durchaus auch etwas für sich. Derartiges kann sich natürlich einmal in einen Strafakt verirren und sollte nicht veröffentlicht werden. Man denke etwa an die Chats von Thomas Schmid, in denen er sich über den „Pöbel“ echauffiert. Das hat mit strafrechtlichen Vorwürfen nichts zu tun und war möglicherweise auch gar nicht so gemeint, wie es beim Durchschnittsleser ankommt. Da kann man durchaus neue Regeln aufstellen, derartige Veröffentlichungen verhindern - ohne gleich die gesamte Berichterstattung über politisch fragwürdige Vorgänge abdrehen zu müssen.

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