Österreich lüftet Bankgeheimnis für deutschen Fiskus

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Revisionsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen: Österreich erleichtert den Informationsaustausch. Die Flucht von Deutschen vor dem eigenen Fiskus wird damit erschwert.

Wien. Vorige Woche wurde das Revisionsprotokoll zum deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) veröffentlicht, mit dem das österreichische Bankgeheimnis für die deutschen Steuerbehörden gelockert wird. Die Flucht von Deutschen vor dem eigenen Fiskus wird damit erschwert. Die neue Öffnung entspricht dem OECD-Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen. Zum Inkrafttreten fehlt noch die Beschlussfassung durch die beiden Parlamente.

Der internationale Steuer-Informationsaustausch hat in den vergangenen zwei Jahren einen beachtlichen Fortschritt erlebt. Die langjährigen Anstrengungen der OECD zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken haben angesichts der Weltwirtschaftskrise und der damit verbundenen Sorge um die Staatshaushalte eine besonders große Unterstützung durch die EU und die G20 erfahren. Nationale Bankgeheimnisse haben im Rahmen dieser Bemühungen um eine effiziente internationale Amtshilfe zwischen den Steuerbehörden keinen Platz mehr.

Internationaler Druck wirkte

Angesichts des zunehmenden internationalen Drucks hat Österreich im Interesse der Wahrung der internationalen Reputation sowie der vorbeugenden Abwehr allfälliger wirtschaftsschädigender Defensivmaßnahmen anderer Staaten im Jahr 2009 den von der OECD entwickelten Transparenz- und Informationsaustauschstandard uneingeschränkt akzeptiert: Österreich hat einen entsprechenden Vorbehalt zum OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zurückgezogen.

Der österreichische Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, diesen OECD-Standard durch ein Zweistufenmodell umzusetzen. Innerstaatlich regelt das Amtshilfe-Durchführungsgesetz die Umsetzung der OECD-Grundsätze für die internationale abgabenrechtliche Amtshilfe. Der Umfang der Amtshilfeverpflichtung richtet sich nach den anzuwendenden internationalen Vereinbarungen und Rechtsgrundlagen, wie etwa DBA, Tax Information Exchange Agreements (TIEA) oder unionsrechtlichen Grundlagen. Sofern Bankinformationen betroffen sind, durchbricht das Amtshilfe-Durchführungsgesetz die Schutzwirkung des Bankgeheimnisses (§38 BWG) bei ausländischen Amtshilfeersuchen. Die internationale Vereinbarung muss dazu das Bankgeheimnis als Grund ausschließen, Amtshilfe zu verweigern. Es finden deshalb derzeit zahlreiche Gesamt- und Revisionsverhandlungen von österreichischen DBA und TIEA statt, von denen einige bereits erfolgreich abgeschlossen wurden und teilweise schon in Kraft getreten sind.

Die DBA-Revision mit Deutschland ist Ausfluss dieser Umsetzungsstrategie. Nach dem Inkrafttreten müssen die deutschen und österreichischen Behörden alle Informationen austauschen, die zur Durchführung des DBA oder zur Verwaltung bzw. Vollstreckung des innerstaatlichen Rechts „voraussichtlich erheblich“ sind. Die voraussichtliche Erheblichkeit grenzt zulässige von bloß der Beweisausforschung durch anlasslose Ermittlungen „ins Blaue“ dienenden (sog. fishing expeditions) Informationsersuchen ab. Sie bestimmt auch, dass die Amtshilfe erst in zweiter Linie nach jenen Möglichkeiten der Informationserlangung, die das innerstaatliche Recht bereitstellt, angewendet werden kann. Anders als bisher muss im Ausland aber kein verwaltungsbehördliches Finanzstrafverfahren förmlich eingeleitet sein.

Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen werden im geänderten DBA-Protokoll festgehalten. So ist etwa die Person, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt, zu bezeichnen. Darüber hinaus sind der Name und die Anschrift von Personen, soweit bekannt, in deren Besitz sich die erbetenen Auskünfte vermutlich befinden, und die Gründe für die Annahme anzuführen, dass die erbetenen Auskünfte dem ersuchten Staat vorliegen oder sich im Besitz oder in der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsbereich dieses Staates befinden. Es müssen daher ausreichend Angaben vorgelegt werden, damit einerseits die ersuchte Behörde und andererseits der Informationsinhaber, z.B. ein Kreditinstitut, die betroffene Person eindeutig identifizieren können. Ein konkretes Kreditinstitut muss aber nach dem Revisionsprotokoll nicht genannt werden.

Der Informationsaustausch erstreckt sich darüber hinaus auf Steuern jeder Art und Bezeichnung. Die ersuchte zuständige Behörde kann sich aber auf bestimmte Ausnahmen von der abkommensrechtlichen Auskunftspflicht berufen. So sind z.B. für die Informationserteilung keine Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die mit den Gesetzen und der Verwaltungspraxis einer der beiden Vertragsstaaten unvereinbar sind. Im DBA-Revisionsprotokoll ist zudem ausdrücklich festgehalten, dass Bankinformationen nicht auf automatischer oder spontaner Basis auszutauschen sind.

Rückwirkende Anwendung

Nach dem Inkrafttreten ist das deutsch-österreichische Revisionsprotokoll auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume anzuwenden, die am oder nach dem 1.Jänner 2011 beginnen. Der neue Informationsaustausch wird somit rückwirkend zur Anwendung kommen. Die beiden Vertragsstaaten haben sich außerdem darüber geeinigt, dass die erteilten Informationen auch für Zeiträume herangezogen werden können, auf die die erteilten Auskünfte nicht bezogen waren. Informationen, die ab 2011 gewonnen werden, können deshalb auch für die Beurteilung von Zeiträumen ab 2010 (Jahr der Unterzeichnung) verwendet werden.

Mag. Oliver-Christoph Günther, LL.B., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht der WU Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2011)

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