Geburtstag

Viel erreicht, doch Kanzler wurde er nie: Hannes Androsch ist 85

Die Presse/Clemens Fabry
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Hannes Androsch, Ex-Vizekanzler und Industrieller, feiert heute seinen 85. Geburtstag.

Der Mann hat viel erreicht, ist als Industrieller bekannt, als Investor respektiert, immens wohlhabend, steht immer noch im Licht der Öffentlichkeit. Doch das einzige Amt, das ihn wirklich interessierte, jenes des Regierungschefs, das blieb ihm versagt. Er wäre zweifellos ein Gewinn für die heimische Politik gewesen und hätte diesen Posten wohl auch souverän bekleidet. Ob er ein guter SPÖ-Chef gewesen wäre, mag man bezweifeln: Seine akademische Ausbildung, profunde Bildung und historische Eloquenz hätten es ihm wohl schwer gemacht, mit den Apparatschiks in der Partei und der Gewerkschaft zurechtzukommen.

Der legendäre ORF-Schöpfer Gerd Bacher fragte einst den Vizekanzler und Finanzminister Hannes Androsch: „Willst du Bundeskanzler werden oder aber reich?“ Die Antwort: „Beides!“ Damit war alles gesagt, was den „Titelverteidiger“ und Mentor Bruno Kreisky aufhorchen ließ. Seit 1974, also bereits vier Jahre nach Beginn der Regierungsära Kreisky, keimte erstes Misstrauen, leichter Groll gegen seinen Liebling, dem er einst sein Erbe vermachen wollte – aber jetzt noch nicht! Noch lange nicht! Androsch, der jugendliche Held, wollte nämlich dem alten Platzhirsch eine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten schmackhaft machen. Doch der roch den Braten.

Comeback als „Citoyen“

Als dann noch Mitte der 70er-Jahre wirtschafts- und währungspolitische Differenzen auftraten und die wesentlichen Meinungsmacher in der Partei Androsch recht gaben, begann jenes rote Königsdrama, das derart eskalieren sollte, dass am Schluss alle als Verlierer auf der Walstatt blieben: Kreisky hatte in seinem unerklärlichen Hass auf den Jüngeren sein Erbe aus der Hand gegeben, Androsch wurde auf den Posten eines Bankmanagers abgeschoben und hatte ein jahrelangesSteuerhinterziehungs-Verfahren am Hals.

Als Investor und Industrieller gelang Androsch ein Neustart, als „Citoyen“ beteiligt er sich bis heute in Zeitungskommentaren an der öffentlichen Diskussion – zumeist sorgenvoll, warnend. Doch seine Wirkmöglichkeiten sind durch die heute agierenden Politiker beschränkt. Sein Bildungsvolksbegehren blieb ebenso Makulatur wie das Bundesheer-Volksbegehren. Androsch hatte für eine gut gerüstete Berufsarmee plädiert, geblieben ist eine völlig unzulänglich gerüstete Rekrutenarmee.

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