Dating-Apps gibt es mittlerweile zu Hauf.
Serie: Gefühlssache

Na, wie habt ihr euch kennengelernt?

Längst gibt es unter Dating-Apps auch Nischenangebote. Für jene, die besonders gerne Bärte mögen. Oder jene, die Rosinen hassen. Ein Überblick über die skurrilen Wege zur großen Liebe.

Erst letzte Woche ging es in dieser Serie, der „Gefühlssache“, um Hass. Auch um Hass als verbindendes Element. Die Ablehnung diverser Dinge und Menschen fungiert nicht selten als fruchtbarer Keim, aus dem auch einmal Freundschaften oder Beziehungen sprießen. Sich gemeinsam aufzuregen, schweißt zusammen. Möglicherweise sogar so gut, dass daraus etwas Romantisches entstehen könnte.

So oder so ähnlich dürfte Bendan Alper gedacht haben, als er 2017 seine Online-Dating App Hater lancierte. Gematcht wurde über gemeinsam Verabscheutes, etwa über Trump, Cannabis oder langsam gehende Menschen. Angezeigt wurden nur jene Personen, die ähnliche Hassprofile hatten. Was als Witz startete und zu Beginn ein kurzes Hoch erlebte, dürfte relativ schnell wieder abgesoffen sein. Wo einst die Webseite von Hater war, ist heute eine andere - weniger kreative - App zu finden: Kasual. 

Es war Schicksal

Über Kasual matcht, wer schnelle Hook-ups mag. Gesicht und Name müssen nicht zwingend gezeigt werden, was eher an fragwürdige Zeiten und Seiten des Internets erinnert. Süßer geht es bei der App Happn zu. Hier tummeln sich jene, die ans Schicksal glauben. Nutzerinnen und Nutzer können nur Menschen finden, deren Weg sie schon einmal im nicht virtuellen Leben gekreuzt haben. Wer sich in der U-Bahn blitzverliebt hat, kann auch später noch nach dem Traummenschen suchen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Suche ist die Nutzung der App beider Seiten (bisher haben etwa 100 Millionen Menschen die App installiert, allerdings weltweit). Während der Covid-Maßnahmen wurde der Suchradius erweitert.  

Ein Schritt, den mehrere Apps setzten. Auch die Mutter aller Dating-Apps Tinder (sie hat nicht nur abertausende Paare weltweit zusammengebracht, sondern auch die neoliberale Marktlogik in die Datingszene importiert.) 2020 wurde die Passport-Funktion eingeführt, die es möglich macht, sich durch sämtliche Ecken der Welt zu swipen. Im Übrigen verzeichnete Tinder während der ersten Lockdowns 3 Millionen Swipes pro Tag. Auch nach den Maßnahmen wird noch munter gewischt, über 80 Millionen Nutzerinnen und Nutzer feierten voriges Jahr das Zehnjährige der App.

Blind-Dates und Bärte 

Immer öfter allerdings schreiben Medien eine Krise von Tinder herbei, denn die junge Generation weicht aus auf progressivere Dating-Apps - etwa Bumble und Once. Insbesondere letzteres gilt als brauchbare Online-Alternative für Menschen die auf Entschleunigung und Achtsamkeit Wert legen. Hier gibt es täglich nur einen Match, der auf die einzelne Benutzerin zugeschnitten ist, einen positiven Erfahrungsbericht können Sie hier nachlesen. Das Match wird - auch das eine Besonderheit - nicht von einem Algorithmus, sondern von einem „echten Menschen“ zugeteilt. Quasi Verkuppeln wie damals.

Wer dem Verkuppeln früherer Jahrzehnte tatsächlich nachweint, der hat vielleicht an der Dating-App Blindmate seine Freude. Hier wird nicht alleine, sondern „füreinander“ gewischt - Freunde und Freundinnen beschreiben sich dort gegenseitig und matchen, wen sie für die Freundin oder den Freund als passend erachten. Erst bei einer laufenden Online-Konversation kann man die Bilder voneinander sehen: Fast wie früher bei einem echten Blind-Date. Wer der visuell getriebenen Tinder-Kultur ganz abgeneigt ist, aber im Gegenzug gerne Stimmen lauscht, der findet sein Match vielleicht auf App Wavys. Ewiges Herumwischen entspricht auch dort nicht den Vorstellungen eines adäquaten Kennenlernens, gewählt wird aus einer „überschaubaren Auswahl“ an Profilen.

Um quasi nur Visuelles (aber auch Haptisches) geht es bei der App Bristlr. Dort werden Bärte mit jenen verbunden, die sie gerne streicheln möchten - ja, so liest es sich auf der Webseite. Immerhin 150.000 Nutzerinnen und Nutzer zählt das doch sehr nischige Angebot. Wer statt vollen Bärten lieber reiche Menschen daten will, sollte sich bei Raya registrieren, der „Celebrity Dating App". Ben Affleck, Channing Tatum, Drew Barrymore, Lizzo, Olivia Rodrigo sollen allesamt schon Mitglieder gewesen sein. Auch Profi-Fußballer sollen sich dort herumtreiben. Einsteigen kann man nur mit einem Vermittlungscode, angegeben werden muss in jedem Fall die Branche, in der man tätig ist und der Instagram-Name. Dann erst wird der Antrag geprüft. Ob man angenommen oder abgelehnt wird entscheiden wohl Job und Follower-Anzahl (Kostenpunkt der App: etwa 11 Euro im Monat).

Rechts oder Links?

Nicht nur Geld und Ansehen kann verbinden, auch die politische Gesinnung. Die Dating App The Right Stuff zeichnet sich jedenfalls durch die Akzeptanz von ausschließlich zwei Geschlechtern aus, nämlich „Ladies“ und „Gentlemen“, sowie die Ablehnung eigens gewählter Pronomen. Auch werden Männer als das zahlende Geschlecht deklariert: Männer müssen zahlen, Frauen swipen kostenlos. Dafür geworben hat etwa Ryann McEnany, die Schwester von Donald Trumps ehemaliger Pressesprecherin und Fox News-Moderatorin Kayleigh McEnany. US-Milliardär und Investor Peter Thiel investierte

Wer sogar beim Dating den Anspruch hat, dabei die heimische Wirtschaft zu unterstützen, dem sei die österreichische App Candidate empfohlen. Das Unternehmen hat sich davon inspirieren lassen, dass Online-Dating von vielen heute als „Spiel“ betrieben wird: Hier erstellen sich Nutzerinnen und Nutzer ein eigenes Quizspiel, in dem sich potenzielle Partner erst einmal bewähren müssen, bevor es zum Match kommt.

Eine zweite Plattform, die ebenso in Österreich konzipiert und im April gelauncht wurde, ist Maloum. Die sex-positive Webseite will diverse Kinks und sexuelle Vorlieben entstigmatisieren, hier sollen sich Nutzer und Nutzerinnen auch über Nischenthemen austauschen können.

Und für jene, die sich durch alle oben genannten Apps durchprobiert haben und immer noch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen sind, will dass junge Wiener Start-up Soulid die Lösung bieten: Mittels Persönlichkeitsanalyse werden die Vorlieben und Interessen der Teilnehmenden erfragt und dann Events in Form von After Works, Picknicks oder Weinwanderungen von ähnlich denkenden Menschen arrangiert. Bei so viel Auswahlmöglichkeiten hatte man es wohl noch nie so einfach den richtigen Partner oder die richtige Partnerin zu finden, würde man meinen.

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