Morgenglosse

Angela Merkel, Greatest Of All Time?

Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung an Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue Berlin
Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung an Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue Berlin IMAGO/Bernd Elmenthaler
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Mit einem Orden wird die deutsche Altkanzlerin in eine Reihe mit Legenden wie Konrad Adenauer und Helmut Kohl gestellt. Nun wird wieder einmal herumgedacht, wie ihre Ära zu bewerten ist.

Im Sport gibt es eine Frage, mit deren Beantwortung sich Fans die Langeweile vertreiben: Wer gehört in die Liste der Besten aller Zeiten? Nicht nur in einem Spiel, in einem Kampf oder einer ganz bestimmten Saison. Oder unter der englische Abkürzung bekannt: Wer darf sich GOAT nennen, also „Greatest Of All Time“?

Als das CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble im vergangenen Jahr gefragt wurde, ob er Angela Merkel als eine große Kanzlerin der deutschen Geschichte bewerten würde, trat er eine Debatte los, die immer wieder aufkochte und ähnliche Züge aufweist: Wie gut war Angela Merkel wirklich? War sie so groß wie Adenauer? Oder doch nur ein Helmut Schmidt mit längerer Amtszeit? Der 80-Jährige Schäuble sagte damals, er könne das nicht beurteilen. Historische Urteile bräuchten einen gewissen Abstand.

Das sieht Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Bundespräsident, anders. Er verlieh Merkel am Montag den höchsten Orden für Regierungschefs. Dieser heißt „Großkreuz in besonderer Ausführung“ und wurde zuvor nur zwei Menschen überreicht: Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler (West-) Deutschlands und Helmut Kohl, dem Kanzler der Wiedervereinigung, beide CDU.

Nun denken die deutschen Politkommentatoren auf diesem Urteil herum. Die einen betonen Merkels Rolle als Fackelträgerin der demokratischen Gelassenheit in einer Zeit, in der die Demagogen aufbegehrten und die liberale Weltordnung unter Druck geriet. Die anderen werfen ihr vor, in der Flüchtlings- und Russlandpolitik schwere Fehler begangen, viele drängende Reformen verschleppt zu haben. Dazu kommt, dass die politische Karriere des Ordensverleihers Steinmeier an Merkel geknüpft ist, er ihr als Außenminister diente. So kann der Eindruck entstehen, ein Weggefährte hefte der alten Chefin schnell ein bisschen Lametta an, damit klar ist, dass man gemeinsam an Großem werkte.

Obwohl, auch die ersten beiden Ordensträger mussten nicht lange auf ein Urteil warten: Kohl bekam seinen Orden am letzten Tag im Kanzleramt. Adenauer war am Tag der Verleihung mit dem Regieren noch gar nicht fertig und blieb neun weitere Jahre. Lobend erwähnen lässt sich jedenfalls der Sozialdemokrat Helmut Schmidt: Der lehnte seinen Orden ab, weil er sich der hanseatischen Tradition verpflichtet fühlte. Die braucht offenbar kein blinkendes Metall, um sich einer Leistung sicher zu sein.

Am Ende kann jeder oder jede für sich entscheiden, wie gut Angela Merkel sich gemacht hat. Würde eine Kanzlerschaft in der Logik von Sportarten bewertet, wäre ihr ein Titel als GOAT oder in der Hall of Fame aber sicher: Als erste und einzige Frau, die in der deutschen Geschichte eine Regierung anführte.

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