Die Ich-Pleite

Was in der Wissenschaftskommunikation falsch gelaufen ist

Carolina Frank
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Wenn die Wissenschaft Dinge erforscht, die man auch mit dem gesunden Menschenverstand erfassen kann.

Ein Drittel der Österreicher misstraut der Wissenschaft. Dabei muss man sagen: Je seltener sie eine Uni von innen gesehen haben, desto größer ist das Misstrauen, was dort geschieht. Die meisten begründen ihre Skepsis mit der Vermutung, dass die Wissenschaft mit der Wirtschaft und der Politik unter einer Decke steckt. 37  Prozent vertrauen daher lieber auf den „gesunden Menschenverstand“. Und auf Politiker, die auch darauf ­vertrauen. Der gesunde Menschenverstand sagt 52 Prozent von ihnen, dass Elektronen kleiner sind als Atome, und 28 Prozent, dass Antibiotika Viren töten können. Ein paar glauben das auch von Wurmmitteln. Da muss etwas in der Bildung und Wissenschaftskommunikation falsch gelaufen sein.

Andererseits – wie oft fragt einen ein Polizist bei der Straßenkontrolle nach dem Aufbau eines Moleküls? Den meisten reicht es, wenn man die Motorhaube öffnen und ihnen die Adresse für das Organstrafmandat buchstabieren kann. Trotzdem ist es erfreulich, dass die Wissenschaft manchmal auch Dinge erforscht, die man auch mit dem gesunden Menschenverstand erfassen kann. Nehmen wir nur die Twitter-Studie, in der zwei Millionen Tweets auf ihre Emotionen hin untersucht wurden. Ziel war, festzustellen, ob der Ort und die Zeit der abgesetzten Nachrichten Auswirkungen auf die Emotionen haben, mit denen sie verfasst wurden. Und bingo!

Es gibt einen Zusammenhang. Die Forscher konnten feststellen, dass die Tweets am Wochenende ­fröhlicher klingen als von Montag bis Freitag. Und dass sie in der Nähe von Büros von Angst- und Frustgefühlen strotzen. Die Forscher empfehlen jetzt, Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Mein gesunder Menschenverstand würde sagen: Wochenende von ­Montag bis Sonntag und ein Betretungs­verbot von Büros. 

("Die Presse Schaufenster" vom 14.04.23)

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