Leitartikel

E-Fuels sind eine sinnvolle Lösung – aber nicht für den Autoverkehr

Archivbild. In der Luftfahrt könnten E-Fuels womöglich eine größere Rolle spielen.
Archivbild. In der Luftfahrt könnten E-Fuels womöglich eine größere Rolle spielen.APA/AFP/dpa/FRANK RUMPENHORST
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CO₂-neutrale synthetische Brennstoffe werden für Flugzeuge, Schiffe sowie die Dunkelflaute im Winter benötigt. Für Autos wird wenig übrig bleiben.

Es ist ein schönes Versprechen, das E-Fuels geben. Hergestellt aus grünem Strom, Wasser und CO₂, das der Atmosphäre entnommen wird, sind sie klimaneutral und dennoch qualitativ gleich gut wie fossile Treibstoffe. Mit ihnen könnte der schmerzhafte Strukturwandel in der Autoindustrie verhindert werden, so die Hoffnung vieler. Denn dieser wird viel Know-how obsolet machen und bedroht damit Zehntausende Jobs.
Letzteres führt naturgemäß dazu, dass die Politik auf das Thema anspringt. Denn kaum etwas beeinflusst die Entscheidung an der Wahlurne so stark wie die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz. Bundeskanzler Karl Nehammer lädt daher zum Autogipfel, bei dem die künftige Rolle von E-Fuels Thema ist. Es soll etwa mehr Geld für die Forschung geben.

Das ist jedenfalls zu begrüßen, denn synthetische Brennstoffe werden in Zukunft mit Sicherheit ein wichtiges Puzzleteil im Energiesystem sein. Allerdings werden sie dabei nur kaum in Autos zum Einsatz kommen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Und die sind nicht politischer, sondern schlicht technischer Natur.

Es geht um Effizienz

Im Grunde geht es bei der ganzen Diskussion um Elektroantrieb und E-Fuels um Effizienz. Und eigentlich ist es ganz einfach: Bei einer Verbrennung entsteht immer auch Wärme. Und sofern diese nicht sinnvoll genutzt werden kann, entweicht sie als Verlust. Der Verbrennungsmotor hat dadurch den technischen Nachteil, dass nur zwischen 30 und 40 Prozent der hineingetankten Energie auch an den Rädern ankommt. Der Rest erwärmt einfach nur die Umgebung.

Bei einem Elektromotor ist dieser Wirkungsgrad mit 80 Prozent wesentlich höher. Und auch wenn die Forschung am Verbrenner noch den einen oder anderen Prozentpunkt herausholen könnte – an dieser grundsätzlichen Problemstellung wird sich nie etwas ändern.

Von Befürwortern von E-Fuels wird an diesem Punkt immer ins Spiel gebracht, dass diese ja nicht in Europa erzeugt werden sollen, wo Ökostrom schon heute Mangelware ist. Sondern in Gegenden, in denen es große Wind- oder Solarpotenziale gibt, wie Südamerika oder Afrika. Und zum Teil haben sie mit dem Argument auch recht: Die Energiewende wird Europa nicht energieautark machen. Auch künftig wird der Kontinent Energielieferungen aus anderen Weltregionen brauchen, da die Eigenproduktion trotz des Ausbaus von Fotovoltaik und Windenergie vor allem im Winter nicht ausreichen wird.

E-Fuels werden dringend benötigt - in anderen Einsatzbereichen

Österreich ist hier ja ein besonders gutes Beispiel: Trotz des topografischen Vorteils der Wasserkraft kann die Republik nur knapp 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken. Der Rest wird durch thermische Kraftwerke und den Import – darunter Kohle- und Atomstrom – aufgefüllt. Für Länder ohne Alpen ist die Situation noch viel schwieriger.

Deshalb werden synthetische und CO₂-neutrale Brennstoffe – nichts anderes sind E-Fuels – künftig auch nicht in Autos landen, sondern dort, wo sie wesentlich dringender benötigt werden. Das sind Flugzeuge oder Schiffe, die nicht auf elektrische Antriebe umgestellt werden können. Und vor allem die Stromerzeugung. Das Stromsystem leidet nämlich an der Volatilität der Erneuerbaren, bei der vor allem während der Dunkelflaute im Winter der Strom fehlt. Als Ausgleich wird es auch künftig thermische Kraftwerke brauchen. Nur werden diese statt mit Erdgas aus Russland dann mit Synthesegas befeuert, das zuvor mittels südamerikanischer oder afrikanischer Wind- und Solarkraftwerke erzeugt wurde. Der Wirkungsgrad der Gaskraftwerke ist dank Fernwärme-Auskopplung mit 85 Prozent dabei auch deutlich höher als in Autos.

E-Fuels in Fahrzeugen werden daher eine Ausnahme für Sonderanwendungen wie Traktoren, Baumaschinen oder vielleicht Wohnmobile bleiben. Der typische Pkw wird künftig vornehmlich elektrisch fahren. Das weiß die Autoindustrie auch, weshalb sie sich bereits umstellt. Und angesichts der Bedeutung der Branche für Österreichs Wirtschaft wäre es auch sinnvoll, wenn die Politik bei diesem Strukturwandel unterstützt – anstatt falsche Hoffnungen zu machen.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

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