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Worauf CEOs bei schnellem Wachstum achten müssen

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Kolumne "Hirt on Management": Folge 199. Worauf Führungskräfte bei schnellem Wachstum zu achten haben. Teil 4 von 4.

Schnelles Wachstum stellt Unternehmen und deren CEOs vor ganz eigene Herausforderungen.

Zum Abschluss dieser vierteiligen Reihe beschäftigen wir uns heute mit zwei weiteren Schlüsselpunkten, die CEOs bei schnellem Wachstum beachten müssen.

Wachstum erfordert entsprechende Systeme

Schnelles Wachstum stellt viel höhere Anforderungen an eine Organisation als der gemächliche Normalbetrieb.

Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass alle organisationalen Systeme auf die Wachstumsherausforderung angemessen vorbereitet sind und auch mit dem schnellen Wachstum mitwachsen können (Skalierbarkeit).

Dabei geht es vor allem um die passende Aufbauorganisation, die entsprechenden operativen und strategischen Planungsinstrumente, Leistungsmanagementsysteme (Ziele und Zielvereinbarungen, Mitarbeiterbeurteilung, Berichtswesen, Controlling, Belohnungssysteme), Ablauforganisation (Prozesse, Kommunikationsstruktur, Meeting-Struktur), Prozesse für das Management der externen Schnittstellen (zB zu Schlüssellieferanten und wichtigen Kooperationspartnern) und die Schulung und Weiterentwicklung der Führungskräfte und Mitarbeiter, um sicherzustellen, dass sowohl die sachlichen als auch die persönlichen Kompetenzen für das Wachstum laufend ausgebaut werden.

Aus Sicht des CEOs geht es darum, vom Führungsteam zu verlangen, dass für diese Schlüsselbereiche konkrete und gut durchdachte Maß- nahmenpläne vorliegen und umgesetzt werden, um die angemessenen Systeme sicherstellen.

Dabei ist in der Praxis die Versuchung sehr groß, das Wachstumsunternehmen in eine Überadministration und Überregulierung hineinzutreiben.

Auch hier wird durch Überregulierung oft nur eine Scheinsicherheit hergestellt, was vielfach damit zusammenhängt, dass Menschen am Werk sind, die keine Wachstumserfahrung haben, sondern versuchen, lehrbuchhaft oder durch eigene Konzernerfahrungen geprägt hypertrophe und schwerfällige Prozesse und Methoden einzuführen, die vermeintlich die Professionalität erhöhen, in der Praxis aber meist die Geschwindigkeit und Innovation, die für Wachstum unerlässlich sind, entscheidend hemmen und Schlüsselmitarbeiter nachhaltig demotivieren.

Die Herausforderung besteht darin, so wenig Systeme wie möglich einzuführen, aber so viele wie nötig.

Wachstum erfordert Delegation

Ein Unternehmen oder eine Organisation, die wachsen, machen tief greifende organisatorische Veränderungen innerhalb kurzer Zeit durch, die auch eine grundlegende Änderung des Managementstils erfordern.

Hier ist die Schlüsselfrage, ob es dem/der Gründer*in bzw. Management gelingt, sich weiterzuentwickeln und an andere Menschen einen beträchtlichen Teil der Aufgaben zu delegieren, das schnell wachsende und zunehmend komplexe Unternehmen effektiv zu führen.

Wie bereits erwähnt, passiert es in vielen Fällen von Wachstumsunternehmen, dass der/die Unternehmer*in, der/die das Unternehmen gegründet hat, in der Wachstumsphase freiwillig oder unfreiwillig ersetzt wird.

Das liegt vor allem daran, dass es vielen Gründern/Gründerinnen und Unternehmer*innen schwerfallt, effektiv zu delegieren, weil die hohe Gefahr besteht, dass sie in eines von zwei wenig hilfreichen Extremen verfallen:

Das eine Extrem besteht darin, Mikromanagement zu betreiben und direkt einzugreifen bzw Aufgaben selber zu losen, wenn man den Eindruck hat, dass diese nicht optimal gelöst werden, anstatt den/die entsprechenden Mitarbeiter*in bei der Aufgabenerfüllung zu coachen bzw. diese Aufgabe seinem/r direkten Vorgesetzten zu überlassen.

Das andere Extrem besteht darin, in Bausch und Bogen die gesamte Verantwortung für den Bereich an einen Mitarbeiter zu übertragen, ohne eine klare Übereinkunft über die zu erreichenden Ziele und Meilensteine herzustellen.

Beide Extreme sind von professionellem Management weit entfernt, das darin besteht, klar abgegrenzte Verantwortung zu übertragen, Einverständnis über die zu erreichenden Ziele herzustellen, anderen die Autorität zu übertragen, um die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zu setzen, und laufend dran zu bleiben und zu verfolgen, ob Fortschritt auf dem Weg der Zielerreichung gemacht wird bzw entsprechende Anpassungen notwendig sind.

Der/die CEO muss die Entwicklung des Führungsstils der obersten Führungskräfte des Wachstumsunternehmens (natürlich einschließlich des eigenen Führungsstils) genau verfolgen, ein Sensorium dafür entwickeln, wenn der Managementstil in die falsche Richtung geht, und entsprechende Maßnahmen (z.B. Mentoring, Coaching bzw. – in letzter Konsequenz – den Austausch) setzen.

Das Wichtigste in Kürze

Es ist von großer Bedeutung, dass alle organisationalen Systeme auf die Wachstumsherausforderung angemessen vorbereitet sind und auch mit dem schnellen Wachstum mitwachsen können (Ska- lierbarkeit).Der/die CEO muss darüber hinaus, die Entwicklung des Führungsstils der obersten Führungskräfte des Wachstumsunternehmens (natürlich einschließlich des eigenen Führungsstils) genau verfolgen, ein Sensorium dafür entwickeln, wenn der Managementstil in die falsche Richtung geht, und entsprechende Maßnahmen (z.B. Mentoring, Coaching bzw. – in letzter Konsequenz – den Austausch) setzen.

In der nächsten Kolumne beschäftigen wir uns mit der Frage, was CEOs vom viktorianischen Zeitalter lernen können, einer Phase turbulenter Weiterentwicklung der Gesellschaft und Wirtschaft durch die industrielle Revolution und den Kolonialismus.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 04. Mai 2023 zur Frage: Was CEOs vom viktorianischen Zeitalter lernen können.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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