Zehntausende sind seit Tagen in ihren Häusern gefangen, andere versuchen, die Hauptstadt zu verlassen. Nach Angaben der UNO gibt es in vielen Häusern seit Tagen keinen Strom oder kein fließendes Wasser mehr. Und die Kämpfe halten an.
Aufgrund der anhaltenden Kämpfe im Sudan können Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Khartum ihre Häuser weiter nicht verlassen. Luftangriffe und Artilleriefeuer dauerten auch am Donnerstag an. Die Welthungerhilfe warnte vor einer "humanitären Tragödie". Am sechsten Tag der Kämpfe zwischen dem Militär und Paramilitär verschärfe sich die ohnehin schon katastrophale Lage der Menschen weiter, warnte auch die Hilfsorganisation CARE.
Nach Angaben der UNO gibt es in vielen Häusern seit Tagen keinen Strom oder kein fließendes Wasser mehr. Tausenden Menschen gehen demnach Trinkwasser, Nahrungsmittel, Benzin und Medikamente aus. Die Gesundheitsversorgung sei so gut wie zusammengebrochen, sagte das sudanesische Ärztekomitee. Augenzeugenberichten zufolge liegen Leichen auf den Straßen der Hauptstadt. Auch in anderen Teilen des Landes setzten sich die heftigen Gefechte fort.
Besonders betroffen von den Kämpfen zwischen der Armee und der paramilitärischen Gruppe RSF waren weiterhin der Flughafen sowie das Generalkommando des Militärs in Khartum. Viele Menschen versuchten auch am Donnerstag die Stadt zu verlassen.
Versuche einer Feuerpause scheiterten bisher
In dem seit Jahren politisch instabilen nordostafrikanischen Land kämpft seit Samstag die Armee gegen die einst verbündete paramilitärische Einheit Rapid Support Forces (RSF) um die Macht. Das gold- und ölreiche Land mit rund 46 Millionen Einwohnern wird seit 2019 von einer militärischen Übergangsregierung regiert, die diesen Monat eigentlich einen Prozess zur Demokratisierung einleiten sollte.
Mehrere Versuche, eine Feuerpause zu organisieren, sind in den vergangenen Tagen gescheitert. Seit Beginn des Konflikts sind laut Weltgesundheitsorganisation mindestens 296 Menschen getötet worden, mehr als 3.000 wurden verletzt.
"Khartum ist eine Geisterstadt, das Einzige, was man sieht und hört, sind Gewehrschüsse, Artilleriebeschuss und Luftangriffe", schilderte die CARE-Regionaldirektorin für Ost- und Zentralafrika, Kate Maina-Vorley, am Donnerstag gegenüber der Austria Presse Agentur.
Sudan war schon zuvor auf Hilfe angewiesen
Schon vor Ausbruch der Gewalt waren laut der Hilfsorganisation CARE 15,8 Millionen der rund 45 Millionen Einwohner des Landes auf humanitäre Hilfe angewiesen. Mehr als elf Millionen Menschen waren kaum in der Lage, ihren Mindestbedarf an Nahrung zu decken. "Das ist einer von vier Sudanesen, die hungrig ins Bett gehen", so Maine-Vorley. Vier Millionen Kinder unter fünf Jahren waren mangelernährt.
Hilfsorganisationen rufen daher seit Tagen zu einer Feuerpause auf, um Zugang für die humanitäre Hilfe zu ermöglichen.
Von der internationalen Gemeinschaft fordert CARE auch "eine angemessene Finanzierung" für die humanitäre Hilfe. Bereits vor Ausbruch der Kämpfe war die internationale Hilfe für den Sudan gering. Von den für die internationale humanitäre Hilfe veranschlagten 1,75 Milliarden Dollar seien bis Anfang April nur 13,5 Prozent bereitgestellt worden, so Maine-Vorley.
Kämpfe bringen „Bevölkerung, Diplomaten und Helfer in Gefahr"
Die US-Botschaft forderte in einer Erklärung, die von 14 weiteren diplomatischen Vertretungen im Sudan mit unterzeichnet wurde, die Konfliktparteien müssten es "unterlassen, unrechtmäßig die Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben". Die Kämpfe brächten "die sudanesische Bevölkerung, Diplomaten und humanitäre Helfer rücksichtslos in Gefahr".
Bei der UNO gingen Berichte über sexuelle Gewalt gegen humanitäre Helfer ein, Diplomaten wurden angegriffen. Die Pläne zur Evakuierung ausländischer Staatsbürger waren schwer umzusetzen.
UNO-Generalsekretär António Guterres wollte am Donnerstag Gespräche mit den Vorsitzenden der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Regionalen Entwicklungsbehörde führen, wie sein Sprecher mitteilte.
Nach Angaben der sudanesischen Armee wurde die Zentralbank der verarmten Landes geplündert. "Hohe Geldsummen" seien von der RSF-Miliz gestohlen worden, erklärte die Armee. Die Miliz warf den Soldaten vor, "Häuser von Familien anzugreifen".
(APA/dpa/AFP)