Staatsoper

Diese Carmen bleibt allzu cool

V. l. n. r.: Ilja Kazakov als Zuniga, Eve-Maud Hubeaux als Carmen, David Butt Philip als Don José in "Carmen".
V. l. n. r.: Ilja Kazakov als Zuniga, Eve-Maud Hubeaux als Carmen, David Butt Philip als Don José in "Carmen".(c) Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
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Eine Repertoire-„Carmen“ mit einigen Debüts: Anna Bondarenko als Micaëla zeigte gesanglich deutlich mehr Temperament als Eve-Maud Hubeaux in der Hauptrolle.

Achtung, Stier fällt! Zwar nicht, weil Erwin Schrott als geradezu grotesk viriler und überlauter Escamillo den Torero so drall markierte. Aber man durfte doch staunen, wie übermütig er mit seinen Fingern in die Luft stach. Offenbar wollte er damit Banderillas – die bunten Stierkampfspieße – andeuten, als er vom Picador, dem Lanzenreiter der Corrida, berichtete, der gerade von seinem Pferd gerissen wurde.
In Calixto Bieitos Inszenierung kracht der „Osborne-Stier“ auf den Bühnenboden: eine Brandy-Werbetafel in Stierform, die in Spanien oft in der Landschaft steht. Bieito siedelt seine „Carmen“ im tristen Unterschicht-Heute am südlichsten Rand der Iberischen Halbinsel an. Mit dem Wumms der aufschlagenden Stier-Silhouette beginnt bei ihm das rasante Vorspiel zum vierten Akt, mit fatalem Liebeskampf zwischen Carmen und Don José. Am Ende fällt auch die Titelfigur.

Jeder Tenorton ein Klimmzug

Nur: Diesmal lang nicht so eindrucksvoll wie der Osborne-Stier. Selbst die Warnungen, dass ihr durch den eifersüchtigen Don José Unheil drohe, lassen die Verführerin bei Bieito nicht mit der Wimper zucken. Lieber frischte sich die neue Wiener Carmen, Eve-Maud Hubeaux, ihr Make-up auf. Allzu cool und entspannt schaute sie in ihr Schminkspiegelchen, während Don José hinter ihrem Rücken auf den entsprechenden Raserei-Pegel zu kommen versuchte. Er tat es in Gestalt von David Butt Philip, der sich in dieser Rolle erstmals in Wien vorstellte. Ganz lieb stand er dabei auf etwas verlorenem Posten. Denn Gefährlichkeit strahlte sein José selbst dann nicht aus, als er Carmen die Kehle aufschlitzte. Dabei bemühte sich Philip mit großer Kraft, als wäre jeder Ton ein Klimmzug, Intensität aus seinem Tenor zu holen. Druck, der für seine nicht übermäßig geschmeidige „Blumenarie“, samt unelegantem Falsettton am Ende, leider kaum förderlich war.

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