Die Republik kann es sich nicht mehr leisten, sicherheitspolitische Mythen zu pflegen: Sie ist im Ernstfall verpflichtet, EU-Partnern Beistand zu leisten.
Die Fachleute im österreichischen Verteidigungsministerium lassen sich von Mythen nicht benebeln. Sie haben einen klaren Blick auf die Gefahren, denen die Republik angesichts des geopolitischen Umbruchs ringsum ausgesetzt ist, einen klareren Blick jedenfalls als die politische Elite. „Die Sicherheitslage für Österreich wird sich in den nächsten zehn Jahren sehr wahrscheinlich verschlechtern“, heißt es im „Risikobild 2032“. Russland sei für Europa wieder zu einer militärischen Bedrohung geworden, ein Angriff auf einen EU-Staat nicht auszuschließen.
Und spätestens dann stellt sich die Frage, wie es das neutrale Österreich denn wirklich hält mit der im Artikel 42/7 des EU-Vertrags festgeschriebenen Beistandsklausel. Gefragt wäre in einem solchen Fall konkrete militärische Hilfe – und nicht nur Helme oder Löschfahrzeuge. Es wäre der Moment, in dem sich die Neutralität endgültig in Luft auflöste. Vorbereitet ist die Republik auf ein solches Szenario nicht. Die Risikobild-Autoren beklagen explizit die „eingeschränkte Strategiefähigkeit“ Österreichs. Das ist ein Hilfeschrei und zugleich eine Bankrotterklärung. Unverblümt schreiben die Bundesheer-Experten von einem „Neutralitätsrisiko“.