Ex-Chefs verdienen mehr als die aktiven

Analyse. Die Gehaltsliste der DAX-Konzernleiter zeigt Anomalitäten. Übrigens rangieren gerade die Chefs der Autobauer ganz oben.

München. In Deutschland lohnt es sich am meisten, Chef eines DAX-Konzerns gewesen zu sein. Zwei zurückgetretene Vorstandschefs führen dank ihrer lang laufenden Verträge die Gehalt-Rangliste der 40 wichtigsten börsenotierten Unternehmen im Jahr 2022 an, geht aus einer Analyse der Vergütungsberichte hervor. Adidas-Chef Kasper Rorsted kam dank einer zwölf Millionen Euro schweren Abfindung nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters auf eine Vergütung von insgesamt 15,37 Millionen Euro. Der ehemalige Volkswagen-Chef Herbert Diess, gebürtiger Österreicher, lässt sich sein Gehalt nach seinem Rücktritt im Sommer bis zum Ablauf seines Vertrages im Oktober 2025 weiterzahlen. Im Vorjahr kam er so auf 11,83 Millionen Euro.

Aufsteiger und Absteiger

Diess' Nachfolger, Oliver Blume, liegt in der Rangliste der aktiven DAX-Chefs mit 7,39 Millionen Euro nur auf Platz sechs. Angeführt wird sie von Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer, dessen Vergütung sich dank der Auszahlung einer Tranche von Langfrist-Boni auf 11,53 (2021: 5,64) Millionen Euro mehr als verdoppelte. Insgesamt drei amtierende DAX-Chefs verdienten mehr als zehn Millionen Euro. Neben Weimer waren das BMW-Vorstandschef Oliver Zipse (10,87 Millionen) und die einzige weibliche Lenkerin eines DAX-Unternehmens, Belén Garijo vom Chemie- und Pharmakonzern Merck, die mit 10,53 Millionen Euro zum zweiten Mal in Folge auf ein zweistelliges Millionengehalt kam.

Die „ärmsten“ DAX-Chefs arbeiten für Zalando. Mit jeweils 78.000 Euro stehen die Firmengründer und Co-Chefs des Online-Händlers, Robert Gentz und David Schneider, am unteren Ende der Vergütung-Rangliste.Boni gab es für sie nicht. Doch das Mini-Gehalt relativiert sich beim Blick auf 2021: Da waren ihnen durch die Ausübung von Aktienoptionen aus den Jahren rund um den Börsengang Zalando-Papiere im Wert von jeweils 45,5 Millionen Euro zugeflossen. Die größten Abstriche unter den Top-Verdienern im DAX musste Post-Chef Frank Appel machen, der 2021 noch mit 11,89 Millionen Euro ganz oben in der Gehalt-Rangliste stand, nachdem seine Langfrist-Boni fällig wurden. Mit 6,99 Millionen reichte es 2022 nur noch für Platz acht. Gewinner und Verlierer unter den DAX-Chefs halten sich die Waage. 19 Manager verdienten mehr, 18 weniger, einer kam auf das gleiche Gehalt wie ein Jahr zuvor. Der Biotech-Zulieferer Qiagen hat noch keinen Vergütungsbericht vorgelegt.

Die Werte beziehen sich auf die „gewährte und geschuldete Vergütung“ inklusive der Altersvorsorge-Beiträge, die die Firmen für ihre Chefs zahlen. Dazu gehören neben dem Grundgehalt die Jahresboni, die den Managern für ihre Leistungen im Jahr 2022 zustehen, sowie die Langfrist-Boni aus früheren Jahren, die fällig wurden.

Alle Autobauer unter Top 7

Im Schnitt verdient es sich immer noch in der Autoindustrie am besten. Unter den Top sieben finden sich mit Zipse, Blume und Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius (7,09 Millionen) die Chefs aller drei großen Autobauer. Der neue VW-Vorstandschef Blume bekam für seinen „Nebenjob“ bei der Sportwagen-Tochter Porsche AG 2022 kein Extra-Gehalt. Die Millionen-Boni, die die Porsche-Vorstände für den erfolgreichen Börsengang versprochen bekamen, werden erst in den nächsten Jahren ausgezahlt, je nachdem, wie sich die Aktie entwickelt.

Auf deutlich mehr Geld dürfen in den nächsten Jahren einige DAX-Chefs hoffen. (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2023)

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