Elena Denisova wagte sich an die heikelste Kür ihres Metiers: Eugène Ysaÿes Solosonaten op. 27.
Wer die Starttaste betätigt, ist für die kommende Stunde beschäftigt. Genau sechzig Minuten und zwölf Sekunden lang dauert das Abenteuer, auf das sich Elena Denisova eingelassen hat. Wie sie es bestanden hat, erfährt der Hörern gebannt. Die sechs Sonaten für unbegleitete Violine, die der belgische Virtuose Eugène Ysaÿe 1923 vorgelegt hat, gelten nach den „Sei Solo“ von Johann Sebastian Bach und den „Capricen“ von Niccolò Paganini als dritte schwer zu überwindende Hürde im einschlägigen Repertoire.
Ysaÿe nimmt – anders als Paganini, der vor allem auf technische Bravour zielt – auch die intellektuelle Herausforderung der Bach'schen Werke auf: Der Komponist beleuchtet mit höchst unterschiedlich gebauten Sonaten den Standard des Geigenspiels seiner Epoche von allen Seiten; er spiegelt aber auch die stilistische Zerspragelung der Moderne zwischen bewahrenden Elementen und revolutionärem Geist.