Bewaffneter Konflikt

Flucht aus dem Sudan: Österreich brachte 27 Staatsbürger in Sicherheit

Dieses vom französischen Außenministerium veröffentlichte Foto zeigt die Ankunft etlicher Menschen eines Evakuierungsflugs aus dem Sudan auf dem französischen Luftwaffenstützpunkt in Dschibuti.
Dieses vom französischen Außenministerium veröffentlichte Foto zeigt die Ankunft etlicher Menschen eines Evakuierungsflugs aus dem Sudan auf dem französischen Luftwaffenstützpunkt in Dschibuti.APA/AFP/MINISTRY OF EUROPE AND F
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Rund 1000 EU-Bürger konnten den Sudan verlassen, darunter auch 27 Österreicher. In Großbritannien mehrt sich die Kritik an der Regierung, manche Staatsbürger fühlten sich im Sudan im Stich gelassen.

Angesichts der Gewalt im Sudan bemühen sich ausländische Regierungen mit Hochdruck, ihre Staatsangehörige außer Landes zu bringen. Bereits mehr als tausend EU-Bürger wurden nach Angaben von EU-Außenbeauftragten Josep Borrell seit Beginn der Evakuierungsaktionen in Sicherheit gebracht. Auch 27 Österreicher - darunter zahlreiche Kinder - konnten in der Nacht auf Montag mit Flugzeugen der deutschen Bundeswehr evakuiert werden. Zehntausende Sudanesen flohen in Nachbarländern.

"Zivilisten fliehen aus den von Kämpfen betroffenen Gebieten unter anderem in den Tschad, nach Ägypten und in den Südsudan", teilte das UN-Nothilfebüro (OCHA) am Montag mit. Tausende Flüchtlinge versammelten sich demnach auch an der Grenze zu Äthiopien. Eine von den Konfliktparteien vereinbarte Feuerpause für die Eid-al-Fitr-Feierlichkeiten zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, die seit Freitagabend nur teilweise eingehalten wurde, soll am Montagabend zu Ende gehen. Danach könnte es erneut zu einer Intensivierung der Gefechte kommen.

Komplexe Evakuierungs-Mission

Die Evakuierung der EU-Bürger sei komplex, aber erfolgreich gewesen, sagte Borrell am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens. Unter den mehr als 1000 Geretteten seien 21 EU-Mitarbeiter. Er bestätigte, dass der EU-Botschafter Aidan O'Hara im Sudan geblieben sei, sich allerdings nicht mehr in der Hauptstadt Khartum aufhält. "Er musste da bleiben. Der Kapitän ist der Letzte, der das Schiff verlässt", sagte Borrell. Der EU-Außenbeauftragte danke den Ländern, die mit gemeinsamen Anstrengungen ihre eigenen Landsleute, aber auch andere Staatsangehörige aus dem Land gebracht hätten. So hatte etwa die deutsche Bundeswehr bei ihrem Evakuierungseinsatz neben Deutschen auch zahlreiche Menschen anderer Staaten ausgeflogen - darunter 27 Österreicher. Laut Nachrichtenagentur dpa waren auf zwei Airbus A400M der deutschen Bundeswehr je eine einstellige Zahl an österreichischen Passagieren an Bord, auf dem dritten Flug waren es 15.

In einem Zeitfenster von Feuerpausen sei es in der Nacht auf Montag gelungen, die Österreicherinnen und Österreicher und deren Angehörige - darunter rund ein Dutzend Kinder - nach Jordanien auszufliegen, erklärte das Außenministerium in Wien. Die erste Maschine sei bereits aus Jordanien nach Berlin weitergeflogen und dort sicher gelandet, hieß es. Vorausgegangen sei der Evakuierung ein intensiver und enger Austausch mit europäischen und internationalen Partnern sowie den Vereinten Nationen.

Dank an Frankreich und Deutschland

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bedankte sich am Montag am Rande des EU-Außenministerrats in Luxemburg insbesondere bei Deutschland und Frankreich. "Dank der deutschen Hilfe, dank der Franzosen ist es uns gelungen, in den letzten 24 Stunden fast die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher aus dem Sudan außer Landes zu bringen", erklärte Schallenberg und zeigte sich besorgt über die Situation im Sudan. "Der Sudan erlebt, wenn man so will, einen Tsunami an Krisen, es droht ein Bürgerkrieg". Der Außenminister sprach angesichts einer ganzen Reihe von Putschs in Westafrika und nun den Kämpfen im Sudan von einer "sehr beunruhigenden Situation", die das Potenzial habe, "die ganze Region mitzureißen".

Borrell erklärte, die Waffenruhe sei nun vorbei und man müsse weiter auf eine politische Lösung drängen. "Wir können es uns nicht leisten, dass ein bevölkerungsreiches Land wie der Sudan zusammenbricht, weil das in ganz Afrika Schockwellen auslösen würde", sagte er. Die Botschaft an die Konfliktparteien sei, dass sie "den Krieg stoppen, die Waffen zum Schweigen bringen, anfangen zu reden und nach einer politischen Lösung suchen" müssten. "Denn es gibt keine militärische Lösung für diesen Krieg."

Noch rund 30 österreichische Staatsbürger im Sudan

Aktuell sind noch rund 30 Österreicherinnen und Österreicher im Sudan beim Außenministerium registriert. Wie bei den Evakuierten handle es sich zumeist um Auslandsösterreicher mit sudanesischen Wurzeln und deren Angehörige, die seit mehreren Jahren ihren Lebensmittelpunkt im Sudan haben, hieß es. Österreich hat keine eigene Botschaft im Sudan. Für das ostafrikanische Land ist die Vertretung im Nachbarland Ägypten zuständig. Das Außenministerium hat ein eigenes Team nach Dschibuti entsandt. Mit den im Sudan verbliebenen Österreichern sei das Ministerium "laufend in direktem, persönlichen Kontakt zu den Entwicklungen und weiteren Möglichkeiten, sie bei einer sicheren Ausreise zu unterstützen, unter anderem im Rahmen weiterer geplanter Evakuierungsmissionen", hieß es

Schallenberg sei dazu in den vergangenen Tagen im laufenden Austausch mit Amtskollegen gewesen, unter anderem auch mit dem EU-Außenbeauftragen Borrell und dem Außenminister Saudi-Arabiens. Laut dem Außenminister versuchen auch einige der österreichischen Staatsbürger derzeit nach Port Sudan zu kommen oder Richtung Ägypten das Land zu verlassen.

Britische Regierung in der Kritik

In Großbritannien steht die Regierung nach der Evakuierung britischer Diplomaten unterdessen in der Kritik. Mehrere britische Staatsbürger beschwerten sich in Medien, sie fühlten sich alleingelassen. Die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Alicia Kearns, sagte dem Sender BBC Radio 4, vermutlich wollten mehr als 1000 Britinnen und Briten in Sicherheit gebracht werden. "Das sind manchmal große Familien. Ich vermute, dass es sich um 3000, 4000 oder mehr Leute handelt", sagte die konservative Politikerin. Premierminister Rishi Sunak hatte zuvor mitgeteilt, das britische Militär habe britische Diplomaten und ihre Familien evakuiert.

Außen-Staatssekretär Andrew Mitchell verteidigte den Einsatz. Die Rettung des Botschaftspersonals habe Priorität gehabt, da es eine "sehr konkrete Drohung gegen die diplomatische Gemeinde" in der Hauptstadt Khartum gegeben habe, sagte Mitchell dem Sender Sky News. Er versicherte, die Regierung tue, was möglich sei. Vor einem Waffenstillstand gebe es aber wenig Chancen auf Hilfe, auch weil die Flugplätze umkämpft seien.

Machtkampf zweier Generäle

Im Sudan waren vor mehr als einer Woche schwere Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohamed Hamdan Dagalo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte sich die RSF der Armee unterordnen und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen. Da sich beide Lager jedoch letztlich nicht einigen konnten, schlug der Konflikt in Gewalt um.

(APA/dpa/Reuters)

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