Randerscheinung

Novemberstimmung im Jugendzimmer

Carolina Frank
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Inzwischen verbrauchen die Forderungen nach mehr Bildschirmzeit mehr Bildschirmzeit, als insgesamt ausgemacht ist. ­

Na ja, ob der April wirklich will, was er da macht? So auf November tun, und zwar ohne Abwechslung und Überraschungsmoment? Wo ist die Sonne zwischendurch und der gelegentliche Vorgriff auf den Mai? Oder die Frage, warum die Bäder noch nicht offen haben? Ich jedenfalls bin gar nicht okay damit, um das so auszudrücken, wie das ein April 2023 auch verstehen müsste. Doch womit ich okay bin und womit nicht, spielt gerade gar nicht so viel Rolle. Dafür bekomme ich ständig Nachrichten mit dem Vermerk „Dringlich“ auf mein Handy. Die kommen vom Teenager, der darin mehr Bildschirmzeit für Insta fordert. Inzwischen verbrauchen die verschickten Forderungen nach mehr Bildschirmzeit mehr Bildschirmzeit, als insgesamt ausgemacht ist. ­

In diesen Bildschirmzeit-Teufelskreis sind wir geraten, weil wir zufällig ­entdeckt haben, dass der Sohn in der Osterwoche, wo er drei Tage bei ­seiner heiß geliebten Großmutter war, über acht Stunden täglich online verbracht hat. Daraufhin haben wir ohne Rücksprache die tägliche Bildschirmzeit auf (zugegeben arg) eine Stunde limitiert. Was ungefähr zwanzig Minuten nach Aktivierung (wir waren noch unterwegs) einen Anruf des Jüngsten nach sich zog, der sich zuerst nach unserem Wohlbefinden (!) und dann gleich nach den neuen Restriktionen erkundigt hat. Nämlich, ob das ein Versehen bei ungeschicktem Handy-Handling (muss doch, kann doch nur ein Irrtum . . .) oder gar „euer Ernst“ (ohne WhatsApp geht das wirklich überhaupt nicht) sei. Seither hagelt es Dringlich-Anfragen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Was meine Bildschirmzeit drastisch erhöht. Ich überlege schon, diese auch für mich zu limitieren. Wenn es nicht ausreicht, könnte ich ja den Jüngsten mit Anfragen ­traktieren. 

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("Die Presse Schaufenster" vom 21.04.23)

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