EU plant für die nächste Pandemie

Senior woman chemist working in pharmacy laboratory preparing medicine
Senior woman chemist working in pharmacy laboratory preparing medicineGetty Images
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Die EU-Kommission zieht Lehren aus Corona und will die Möglichkeit schaffen, in Ausnahmefällen die Produktion von Medikamenten anzukurbeln – ohne Rücksicht auf Patente.

Brüssel/Wien. Welche Medikamente sind wo zu welchem Preis verfügbar – und für wie lang? Spätestens seit den durch die Coronapandemie verursachten Engpässen bei Fiebersenkern, Antidepressiva und Antibiotika werden diese Fragen nicht nur im kleinen Kreis der Gesundheitspolitiker debattiert, sondern sind auch in der breiten Öffentlichkeit ein brisantes Thema. Auch als Folge der im Laufe der Seuche gemachten Erfahrungen wird die EU-Kommission am Dienstag die größte Überarbeitung der geltenden europäischen Arzneimittelvorschriften seit zwei Jahrzehnten präsentieren. Die Vorschläge der Brüsseler Behörde sollen die bestehenden Regeln zu einer Verordnung und einer Richtlinie zusammenfassen – und ihre Brisanz lässt sich daran ermessen, dass die im Vorfeld der Präsentation durchgesickerten Eckpunkte für Kontroversen gesorgt haben.

Welche Kernelemente dürfte der Kommissionsvorschlag nach letztem Wissensstand enthalten? Ein besonders umstrittener Vorschlag betrifft den Umgang mit Patentrechten in Ausnahmesituationen. Dem Vernehmen nach zielt die Brüsseler Behörde darauf ab, in Krisen wie der Coronapandemie den Schutz geistigen Eigentums aufzuweichen und Pharmaunternehmen dazu zu verpflichten, die Rezepturen benötigter Medikamente (etwa Impfstoffe) weiterzugeben, um die Produktion anzukurbeln. Derartige Regeln für Notfälle gibt es vielerorts auf nationaler Ebene – etwa in Israel und Kanada –, aber nicht im EU-Regelbuch. Für Pharmaunternehmen, die ihre hohen Forschungskosten über Schutzfristen für ihr geistiges Eigentum einspielen, ist dieser Vorstoß ein rotes Tuch. So warnte der Vorstandsvorsitzende des Schweizer Pharmariesen Novartis, Vas Narasimhan, am Dienstag davor, das „Ökosystem“ für Arzneimittel in Europa und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu beschädigen. Wenn die EU dafür sorgen wolle, dass Arzneimittel in Krisensituationen verfügbar seien, müsse sie im Gegenteil die geistigen Eigentumsrechte stärken.

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