ORF-Gesetz neu: Weniger Text auf ORF.at und Spitzengehälter werden offengelegt

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PK ZUM THEMA ORF: RAAB/MAURER(c) APA (EVA MANHART)
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Medienministerin Raab (ÖVP) und Klubobfrau Maurer (Grüne) präsentieren ihren Entwurf für das neue ORF-Gesetz. Wer im ORF mehr als 170.000 Euro im Jahr verdient, wird künftig namentlich genannt.

Monatelang wurde verhandelt, heute um 16 Uhr präsentierten nun Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne) ihren Entwurf für das neue ORF-Gesetz. Einige Punkte waren noch offen, bereits seit Ende März war aber bekannt, dass der Öffentlich-Rechtliche künftig mittels „ORF-Beitrag“ statt wie bisher mit der GIS finanziert wird: Dieser Beitrag wird exakt 15,30 Euro pro Hauptwohnsitz betragen, so Raab. , wobei die Höhe für drei Jahre eingefroren wird. Derzeit sind noch 22,45 Euro pro Haushalt und Monat fällig, wobei noch Länder- und Bundesabgaben hinzukommen. Letztere entfallen mit der künftigen Regelung wie auch die Umsatzsteuer. Einige Bundesländer haben angekündigt, die Landesabgabeabschaffen zu wollen.

Beschränkungen präsentierte Raab für ORF.at: 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Textbeiträge werden künftig auf der sogenannten blauen Seite erscheinen. Die Anzahl der Textbeiträge wird auf 350 Euro Woche beschränkt, derzeit werden ca. 900 Meldungen produziert. Die Sieben-Tage-Beschränkung für Abrufe in der TVthek fällt. Im Radio- und Digitalbereich gibt es künftig stärkere Werbebeschränkungen für den ORF in Höhe von ca. 25 bis 30 Millionen Euro pro Jahr.

Das Radio Symphonie Orchester werde erhalten, so Raab. Auch ORF Sport + bleibt bis 2026 in seiner bisherigen Form beibehalten, dann folge eine Transformation in digitalen Raum. Die Ministerin kündigte außerdem ein neues Kinderprogramm an.

Wer im ORF verdient mehr als 170.000 Euro im Jahr?

Aufhorchen ließ sie beim Thema Transparenz: Nach Vorbild der BBC werde in einem Transparenzbericht die Gehälter der ORF-Mitarbeiter sowie die Nebentätigkeiten und Zulagen seiner Mitarbeiter offengelegt werden. Ab einem Jahresgehalt von 170.000 Euro brutto pro Jahr werden diese namentlich auszuweisen sein. Fraglich ist, welche der ORF-Mitarbeiter mehr als 170.000 Euro verdienen und ob kritische Journalisten dazuzählen. Offen ist zudem, ob auch Freie Mitarbeiter ihre Nebeneinkünfte offen legen müssen.

ORF werde einen harten Sparkurs einschlagen, kündigte Raab an. Diverse "Privilegien" werden beschnitten - etwa im Bereich der Wohnungszulagen, Sonderpensionen und Abfertigungen.

Ein ORF-Beitrag pro 50 Mitarbeitern

Ins Detail ging Raab auch bei dem ORF-Beitrag: Wer bisher von der GIS befreit war, werde auch künftig befreit sein. Für Nebenwohnsitze müssen nicht zahlen. Für Unternehmen solle es eine Staffel-Regelung anhand der Lohnsummen geben. Wer rund 50 Mitarbeiter beschäftige, werde einen Beitrag zahlen, rechnete die Ministerin vor. Für 100 Mitarbeiter werden zwei Beiträge fällig etc..

Das Gesetzesvorhaben soll demnächst in Begutachtung gehen. Bis Jahresende muss zumindest die Neuregelung der ORF-Finanzierung fixiert werden, da dies ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis vorsieht.

Zustimmung im ORF, Kritik von Verlegern

Der ORF begrüßt die Neuregelung seiner Finanzierung und die Digital-Novelle. "Mit der Entscheidung für einen ORF-Beitrag (Haushaltsabgabe) ist eine wesentliche Grundlage für eine zukunftssichere Weiterentwicklung des ORF geschaffen", erklärte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann in einer Aussendung. Die Finanzierung des ORF und seine Unabhängigkeit seien "nachhaltig abgesichert". Die Digitalnovelle bezeichnete Weißmann als "Kompromiss zwischen den Marktteilnehmern", damit könnten nun "die Angebote für das Publikum in öffentlich-rechtlichen Kernbereichen gestärkt werden". Das Ergebnis sei vor allem im Sinn des Publikums, der ORF werde so digitaler, österreichischer aber auch für jeden zahlenden Haushalt günstiger. Die Neuregelung der ORF-Finanzierung ändere nichts an der Tatsache, dass der ORF auch weiterhin sparsam wirtschaften und die Finanzierungslücke von rund 300 Mio. Euro bis 2026 aus eigener Kraft schließen müsse.

Von einer "medienpolitischen Fehlentwicklung" sprach am Mittwoch der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in einer ersten Reaktion auf die Einigung der Regierung. "Aufgrund der dominanten Marktposition des ORF in vielen Bereichen - insbesondere als Marktführer im Digitalbereich - droht bei einer ungebremsten Ausweitung seiner digitalen Möglichkeiten ein massiver Einschnitt in der heimischen Medienvielfalt", warnte VÖZ-Präsident Markus Mair. Es gelte, für einen fairen Interessenausgleich zu sorgen und die Medienvielfalt im Auge zu behalten.

Privatsender kritisieren: „Geld und alle Freiheiten für den ORF"

Heftige Kritik gibt es vonseiten der Privatsender: „Die geplante Stärkung seiner Dominanz schadet der Medienvielfalt in Österreich, vor allem mit Blick in die Zukunft“, sagt Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP). „Das ist nicht sinnvoll und demokratiepolitisch problematisch.“

Der ORF erhalte mit der geplanten Gesetzesänderung „das Geld und alle Freiheiten, um den privaten Rundfunkmarkt noch stärker an den Rand zu drängen“, meint Christian Stögmüller, VÖP-Präsident und Geschäftsführer von Life Radio. Markus Breitenecker, stellvertretender VÖP-Präsident und Geschäftsführer von Puls 4 und Puls 24 fordert, dass der marktschädigende Druck des ORF im Werbemarkt durch gesetzlichen Eingriff reduziert wird und Alexander Winheim von ServusTV wünscht sich wirksame Gegenmaßnahmen.

Für Gottfried Bichler, Geschäftsführer von Antenne Steiermark, Antenne Kärnten und Radio Flamingo, wird mit der Digitalnovelle gar „die wirtschaftliche Lebensgrundlage frei finanzierter Medien in Österreich zerstört.“

(her)

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