Oper

"Als Russe kann man derzeit alles nur falsch machen"

Monika Rittershaus
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Theater an der Wien: Der junge Moskauer Regisseur Vasily Barkhatov inszeniert Mieczysław Weinbergs „Der Idiot“. Auch deshalb, um nicht verrückt zu werden, erzählt er der „Presse“. Und um bei der Probe einmal sein Handy abdrehen zu können.

Die Romane Dostojewskis auf die Bühne zu wuchten ist keine Kleinigkeit. Aktuelles Beispiel dieser Problematik ist Johan Simons' „Dämonen“-Dramatisierung im Burgtheater. Oper funktioniert zum Glück anders, die Musik zieht neue Ebenen ein. Für seine letzte Oper bat der 1996 gestorbene Komponist Mieczysław Weinberg den Musikwissenschaftler Alexander Medwedew, den Roman „Der Idiot“ von Dostojewski zu einem Libretto zu komprimieren: „Natürlich ist es wie bei den meisten Literaturopern. So wie die Puschkin-Vertonungen ,Eugen Onegin‘ und ,Pique Dame‘ von Tschaikowsky ist auch der ,Idiot‘ von Weinberg nicht der ,Idiot‘ von Dostojewski. Wenn Komponisten Literatur vertonen, erzählen sie immer ihre eigenen Geschichten, werden persönlich“, meint der 1983 in Moskau geborene Regisseur Vasily Barkhatov zur „Presse“. In Österreich kennt man ihn aus Bregenz, wo er vorigen Sommer bei Giordanos „Siberia“ Regie führte. Jetzt inszenierte er für das Theater an der Wien die österreichische Erstaufführung von „Der Idiot“, Premiere ist heute, Freitag.

Weinberg litt unter Stalins Terror

1919 in Warschau geboren, musste Weinberg als Jude vor den Nazis fliehen, landete in der Sowjetunion, wo er unter Stalins Terror litt. Sein „Idiot“ wurde zu Lebzeiten 1991 in Moskau nur verkürzt aufgeführt. Die Uraufführung des Originals fand 2013 in Mannheim statt. Im Zentrum der Handlung steht Fürst Myschkin, letzter Spross seines Geschlechts und Epileptiker, der aus der Schweizer Heilanstalt kommend in der Moskauer Gesellschaft hart aufschlägt. In seinem Versuch, es allen recht zu machen, gerät er zwischen die Fronten, wird zwischen Mätresse Nastassja und Generalstochter Aglaja aufgerieben. Solches als Oper erzählt, fordert Kompromisse, so Barkhatov: „Die Haupthandlung ist im Libretto sehr gut umgesetzt. Für mich als Dostojewski-Leser sind jedoch Myschkins innere Monologe von größtem Wert. Als Teenager war ich geschockt davon, wie präzise man die Art eines epileptischen Denkens niederschreiben kann. Weinbergs Musik zeigt diesen inneren Prozess. Offensichtlich versetzt er sich an die Stelle Myschkins, als Mensch, der plötzlich in die Sowjetunion kommt und mit Dingen konfrontiert ist, die er nicht versteht, an denen er nicht teilhaben möchte.“

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