Verkehssicherheit

"Rasen kostet Menschenleben": Rasche Umsetzung von Maßnahmen gefordert

APA / VERKERHSABTEILUNG OOE
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Verkehrsministerin Gewessler kündigte im Dezember an, die Autos von extremen Rasern künftig zu beschlagnahmen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit pocht auf die Umsetzung.

Im Dezember hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) groß die geplante Fahrzeugbeschlagnahmung für extreme Raser vorgestellt. Die Begutachtungsfrist der entsprechenden Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) endete im Jänner. Seither wurde es still um das Thema. Nun üben Verkehrssicherheitsexperten Kritik an der schleppenden Umsetzung. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) forderte am Freitag die rasche Einführung strengerer Maßnahmen gegen extreme Raser.

"Der überarbeitete Entwurf der Novelle liegt bereits vor", sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums. Dazu würden derzeit "konstruktive Gespräche unter anderem mit dem Koalitionspartner geführt". Ziel sei, die Novelle "möglichst rasch fertigzustellen". Wie lange das dauern werde, wurde nicht gesagt, jedenfalls nicht bis Jahresende, bekräftigte die Sprecherin.

„Ein Raser hat mir meine Tochter genommen"

Bei der Pressekonferenz des KFV in Wien kam am Freitag auch die Mutter eines Unfallopfers zu Wort. Ihre damals 27 Jahre alte Tochter wurde im April 2020 bei einem Unfall mit einem bereits polizeibekannten Raser getötet. Seither setzt sich Sabine Peterbauer für härtere Strafen ein. "Ein Raser hat mir meine Tochter genommen. Ich musste mich nach dem Tod von Kati entscheiden: Liegen bleiben oder kämpfen. Kämpfen dafür, dass anderen Menschen so etwas nicht mehr passieren kann.

Ich habe mich fürs Kämpfen entschieden", sagte Peterbauer. "Ich möchte nicht, dass es noch mehr Mütter, noch mehr Familien gibt, die das durchmachen müssen", bekräftigte die Frau. "Das größte Eigentum ist nicht das Auto, sondern unser Leben. Das hat Kati mit 27 Jahren verloren", erinnerte Peterbauer. Der Todestag ihrer Tochter jährt sich am 10. April bereits zum dritten Mal. "Kann man ein Gesetz nicht ändern oder will man es nicht ändern?", fragte die Frau.

„Rasen kostet Menschenleben"

"Speed of action" statt "Speed im Straßenverkehr" lautet die Forderung der Verkehrssicherheitsexperten des KFV. Für einen Radiospot kommt auch die beim Unfall getötete Kati zu Wort. Mittels KI-Sprachsoftware wurde der Beitrag generiert, als Grundlage dienten Sprachnachrichten der jungen Frau. "Künstliche Intelligenz kann heute meine Stimme wieder zum Leben erwecken. Mich aber nicht. Steig runter vom Gas", lautet der eindringliche Appell der bereits toten Salzburgerin. "Die wenigsten Raser denken daran, mit ihrer Handlung andere Menschen zu gefährden, bis es dann passiert. So gibt Kati all jenen eine Stimme, für die es leider zu spät war", sagte Christoph Feymann, Bereichsleiter Kommunikation im KFV.

"Rasen kostet Menschenleben", bekräftigte KFV-Geschäftsführer Christian Schimanofsky. Es gehe darum, dass extremen Rasern die Tatwaffe aus der Hand genommen wird, forderte er. "Eine zeitnahe Umsetzung der vorliegenden Novelle des Anti-Raser-Pakets wird Menschenleben retten", so der Experte.

Die entsprechende Gesetzesnovelle zur Beschlagnahme hatte Gewessler im Dezember in Begutachtung geschickt. Sie sieht auch vor, dass Lenkern bei massiven Geschwindigkeitsübertretungen immer an Ort und Stelle der Führerschein abgenommen wird. Geplant ist außerdem künftig ein dreistufiges System: vorläufige Beschlagnahme - Beschlagnahme - Verfall des Fahrzeugs. Ersteres tritt ein, wenn im Ortsgebiet das Tempolimit um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 70 km/h überschritten wird. Bei einer Geschwindigkeitsübertretung von mehr als 80 km/h innerorts oder 90 km/h außerhalb des Ortsgebiets sollen Lenker bereits beim ersten Vergehen das Fahrzeug verlieren.

Erhöhte Geschwindigkeit ist Hauptunfallursache

In der Unfallstatistik sind die dramatischen Folgen von Raserei deutlich zu erkennen. Nicht angepasste Geschwindigkeit war 2017 bis 2021 Hauptunfallursache bei mehr als einem Viertel aller tödlichen Unfälle. "Die Tendenz ist steigend. So gab es 2021 rund fünf Millionen Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen, 2022 waren es sechs Millionen", berichtete Armin Kaltenegger, Bereichsleiter der Rechtsabteilung im KFV.

Exzessive Raser sind eine kleine Gruppe, stellen aber eine hohe Gefährlichkeit dar, warnte der Experte. Wer etwa mit 200 km/h auf der Autobahn unterwegs ist, verdoppelt das Unfallrisiko und erhöht das Tötungsrisiko um das Siebenfache. Wer im Ortsgebiet mit 110 km/h unterwegs ist, erhöht das Tötungsrisiko um das Elffache, erläuterte Kaltenegger. Während ein Lenker mit 50 km/h vor einem Hindernis anhalten kann, kracht er mit 110 km/h ungebremst dagegen. Besonders dramatisch ist das Risiko in einer 30er-Zone. Wer hier 60 km/h zu schnell unterwegs ist, erhöht das Tötungsrisiko auf das 27-Fache. "Ab 80, 90 km/h Aufprallgeschwindigkeit liegt das Tötungsrisiko bei 100 Prozent", berichtete der Verkehrsexperte.

Höhere Geldstrafen gefordert

Besonders hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen haben enorme Auswirkungen auf das Unfallrisiko und die Verletzungsschwere. "Höhere Geldstrafe bei exzessiven Geschwindigkeitsüberschreitungen und der drohende Verlust des eigenen Fahrzeugs für chronisch unbelehrbare, gefährliche Raser sind wichtig für die Erhöhung der Sicherheit in Österreich", sagte Kaltenegger. Notorischen Rasern ist ihr Fahrzeug sehr wichtig, die drohende Beschlagnahme würde hier viel bringen, meinte der Experte. Er sprach sich außerdem für die Erhöhung des Strafrahmens von 300 bis 5000 Euro auf 500 bis 7500 Euro aus.

Die dritte Forderung des KFV ist die Einführung eines zentralen Verwaltungsstrafen-Register. Dieses hat auch der Rechnungshof bereits wiederholt gefordert. Weil es ein solches noch nicht gibt, ist es den Strafbehörden kaum möglich, eventuell offene Geldforderungen oder Freiheitsstrafen außerhalb der eigenen Zuständigkeitsbereiche zu erkennen. Diese sind in der Regel die Grenzen der jeweiligen Bezirkshauptmannschaften. Wiederholungstäter zu identifizieren, um dies beim Strafausmaß zu berücksichtigen, ist nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich. "Derzeit kann ich immer sagen, es war das erste Mal", erläuterte Kaltenegger.

(APA)

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