Zum zweiten Mal lud die „Presse“ zur „Matinee am Sonntag“. Kolumnistin Ute Woltron gab dabei Einblick in ihr persönliches Gartenleben.
Ein wenig Bedenken hatte „Presse am Sonntag“-Chefin Friederike Leibl-Bürger schon, angesichts des (endlich einmal) strahlenden Wetters: „Ich weiß, Gärtnerinnen und Gärtner haben derzeit viel zu tun.“ Die Sorge war umsonst: Alle waren sie, die angemeldet waren, auch gekommen.
Zum zweiten Mal hatte die Zeitung zur „Matinee am Sonntag“ geladen. Nach der Premiere mit Kriegsreporter Alfred Hackensberger diesmal zu Gast: Ute Woltron, Architektin, Journalistin und Autorin der beliebten „Gartenkralle“-Kolumne, in der sie in der „Presse am Sonntag“ seit mehr als zwölf Jahren ihr Wissen teilt.
Gewachsen ist dieses Wissen nicht zuletzt mit ihrem eigenen Garten, der vor 20 Jahren „noch ein Acker war“. Woltron hatte damals ein kleines Häuschen nahe dem Grundstück ihrer Eltern übernommen, und das Glück, ein Stück Land nebenan dazuzubekommen, erzählt sie. Ein „relativ steiler Südhang im Steinfeld“, aus dem sie – nomen est omen – im Lauf der Jahre einiges an Geröll „ernten“ musste: „So sieht es aus, wenn man bei mir Ribiseln einsetzt“, scherzte sie angesichts eines Fotos, das mehrere Kübel voller Steine zeigte.
Frühe Gartenliebe
Überhaupt führte Woltron im Gespräch mit Leibl-Bürger zunächst anhand von Fotos durch ihre persönliche Gartengeschichte. Erzählte, wie sie in das brach liegende Grundstück zunächst Struktur brachte, Wege anlegte, die Gegebenheiten analysierte: Wo kommt die Sonne her? Wo der Regen? Wie „atmet“ das Grundstück? Welche Atmosphäre möchte man? Dann begann sie, all das zu pflanzen, was sie im Lauf der Zeit von „assoziierten Gärtnerinnen“ geschenkt bekam. Gelernt, wo welche Pflanze gern wächst, habe sie schnell. „Du siehst es ihnen an, du spürst es einfach.“ Begonnen hatte ihre Gartenliebe freilich schon viel früher. „Ich bin im Garten aufgewachsen“, erzählte Woltron, „und habe sehr früh angefangen, herumzugraben.“ Ihr Großvater liebte Fische, Bienen und Obstbäume, die Großmutter bestellte zwei große Bauerngärten. Mit vier oder fünf bekam Woltron ihr eigenes kleines Eck zugewiesen, das sie selbst bewirtschaftete („in Wahrheit hat wahrscheinlich meine Großmutter nach dem Rechten gesehen“). Später in Wien zog sie in ihrem Dachgarten Erdäpfel, Sonnenblumen, Gurken und Paradeiser. Bis heute zieht sie heikle Pflanzen gern in Töpfen, „die Erde ist so schlecht bei uns.“
Als ihr Sohn kam, zog sie zurück aufs Land, um auch ihm ein Großwerden im Gatsch zu ermöglichen. Auch wollte die Journalistin – „ich weiß, blasphemisch in den Hallen der ,Presse‘“ – den anstrengenden tagesaktuellen Journalismus hinter sich lassen. „Ich wollte in meine eigene Kindheit zurückkriechen. Mich in meinen Garten zurückziehen, von ihm leben, ihn beschreiben, essen, malen, in ihm arbeiten und zufrieden sein.“ Und ja, sie könne die Gartenarbeit auch sein lassen. „Manchmal lege ich mich neben dem Hendlstall einfach ins Heu.“

„Gibt es etwas Dankbares, das man nicht umbringen kann?“, lautete dann im Anschluss eine der Fragen aus dem Publikum. Sträucher, empfahl Woltron, „nicht das komplizierte Staudenbeet“. Sind ihr Dinge auch missglückt? Salat, regelmäßig wegen der Schnecken. Und Schildblatt, wegen der Trockenheit. „Ich will gar nicht darauf eingehen, weil es zu traurig ist.“
Traurige Verluste
Auch der Verlust von Schmetterlingen und Vögeln stimmt sie traurig. „Gerade sind wir beim Frühstück gesessen. Früher haben wir im Mai immer gesagt, die Vögel singen nicht, sie brüllen. Jetzt ist da nix.“ Was man tun könne? „Gärten wild lassen“, bittet Woltron, wobei das nicht heiße, alles wild wuchern zu lassen. „Es bedeutet, zu überlegen: ,Welche Pflanzen möchte ich drinnen haben? Was nährt meine Bienen, woran nagen die Schmetterlingsraupen?‘ Die Mischung macht's.“
Und was hat sie selbst von ihrem Garten gelernt? „Dass alles in einem Zusammenhang steht, auf eine Weise, die wir nicht mehr präsent haben. Wenn du hier an einem Faden ziehst, so ändert sich dort das Bild.“
ZUR PERSON
Ute Woltron (geb. 1966 in Neunkirchen) ist Architektin, Journalistin und Autorin der „Gartenkralle“-Kolumne in der „Presse am Sonntag“. Sie war zweiter Gast der neuen Reihe „Matinee am Sonntag“, bei der die „Presse am Sonntag“ in ihrem neuen Studio Abonnentinnen und Abonnenten in Zukunft regelmäßig zum Live-Interview vor Publikum lädt. Für Frühstück ist gesorgt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2023)