Theaterkritik

„Menschenfeind“ Alceste liebt eine Karrierefrau

Das Ensemble konnte seine Stärken im reduzierten Bühnenbild von Thomas Garvie voll ausspielen.
Das Ensemble konnte seine Stärken im reduzierten Bühnenbild von Thomas Garvie voll ausspielen. (c) Anna Stöcher
  • Drucken

Im Theater an der Gumpendorfer Straße hat Fabian Alder Molières Komödien-Klassiker „Der Menschenfeind“ beherzt ins Heute übertragen. Das Ensemble spielt diese allertraurigste Gesellschaftskritik tolldreist.

Ein vom System frustrierter weißer alter Mann wird von seiner umtriebigen jungen Lebensabschnittspartnerin verlassen – das ist der Stoff, aus dem Tragödien sind, nicht wahr? Nein! Es kann auch eine lustvoll-sarkastische Abrechnung mit höfischen Gepflogenheiten sein. Das hat der französische Dramatiker Molière eindeutig zweideutig bewiesen.

Seine Komödie „Le Misanthrope ou l'Atrabilaire amoureux“ war 1666 bei der Uraufführung im Pariser Palais Royal zwar kein Knaller, auch schienen etliche Freunde schockiert, wie viel offensichtlich Autobiografisches dieser berühmteste Theaterdirektor seiner Zeit in „Der Menschenfeind“ preisgab, aber seither gehört sein treffsicheres Drama längst zum exklusiven Kanon, wird auf Bühnen in aller Welt gespielt. Welcher Mensch könnte übersehen, dass auch in ihm ein wenig Alceste steckt, der die Gesellschaft hasst, aber die begehrenswerte Célimène liebt, die sich zu seinem Leidwesen so mühelos in ebendieser Gesellschaft bewegt? In der kann man sich übrigens ebenfalls leicht erkennen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.