Logistikflächen

Fragezeichen bezüglich Umweltverträglichkeit

Die heimische Logistikbranche ist von Neuerungen, Veränderungen aber auch Unklarheiten geprägt, berichtet CBRE.

Die neue EU-Taxonomie und die umfassende ESG-Thematik prägen die Logistikbranche in ganz Europa, heißt es im aktuellen Marktbericht des Immobiliendienstleisters CBRE: „Die Zahl der Unternehmen, die Logistikimmobilien nutzen, die nicht der EU-Taxonomie entsprechen, wird zukünftig noch weiter eingeschränkt", erklärt Jörg Kreindl, Head of Industrial & Logistics EMEA bei CBRE. Und „ESG" – also ökologische, soziale und ethische Aspekte – „sind die zentralen Kriterien bei der Entwicklung, aber auch bei der Vermietung von Logistikimmobilien. Ein erster wichtiger Richtwert ist dabei die Energieeffizienz der Immobilie", erläutert CBRE-Logistikexperte Franz Kastner. Weitere Änderungen ergeben sich aus der UVP-Novelle, die seit März 2023 auch für bestimmte Logistikimmobilien eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorsieht. „Noch ist offen, welche Auswirkungen das auf die Flächenproduktion im Logistikbereich haben wird", meint Kastner.

Neuer Logistik Hotspot in Kärnten

Währenddessen rückt hierzulande das auf der baltisch-adriatischen Achse liegende Bundesland Kärnten zusätzlich in den Fokus, berichten die Experten, waren doch bisher mit dem „Logistikmarkt Österreich“ vor allem die Standorte Wien, Graz und Linz gemeint. So wurde zwischen dem Logistik Center Austria Süd in Fürnitz bei Villach und dem Hafen Triest ein Zollkorridor geschaffen. Der Regelbetrieb soll noch 2023 aufgenommen werden. „Mit diesem Abkommen wurde der Grundstein gelegt für einen neuen vielversprechenden Logistikstandort im Süden Österreichs. Wir erwarten, dass sich der Standort binnen kurzer Zeit etablieren wird", betont Jörg Kreindl, Head of Industrial & Logistics Occupier EMEA, der auf die Entwicklung eines weiteren Logistikcenters der Deutschen Logistik Holding mit rund 35.000 m² Fläche am selben Standort für 2025 verweist.

Bewegung auf den Logistikmärkten Wien, Graz, Linz

Aber auch bestehende Standorte wachsen und werden erweitert, berichtet CBRE. „Die Erweiterung und der Ausbau des Logistikmarktes sind zurzeit beinahe ausschließlich auf die stabile Nachfrage des B2B Sektors zurückzuführen. Die Nachfrage aus dem B2C-Bereich hat unter anderem aufgrund des rückläufigen Onlinehandels zuletzt nachgelassen", sagt Kastner. Alleine am rund 2,9 Millionen Quadratmeter umfassenden Logistik Hotspot in und um Wien sollen bis 2024 weitere 700.000m² Logistikflächen entstehen. „Immer wichtiger wird – auch mit Blick auf den Flächenverbrauch – die Revitalisierung von bestehenden Flächen und Gebäuden. Hier sehen wir weiterhin großes Potenzial“, erklärt Kastner. Die angespannte Marktsituation, die unter anderem durch den geringen Leerstand verschärft wird, hat zu steigenden Mieten geführt. Im vergangenen Jahr ist die Spitzenmiete um rund zwölf Prozent auf 6,50 Euro/m²/Monat gestiegen. Auch für 2023 werden weitere Mietsteigerungen erwartet.

Der Logistikmarkt Graz wird 2024 die 1-Million-Quadratmeter-Marke überschreiten, rechnen die Experten, wenn zu den aktuell rund 980.000 m² noch weitere 100.000 m² dazukommen. „Graz ist der Logistik Hotspot mit dem modernsten Bestand in Österreich, rund 70 Prozent der Flächen entsprechen der Klasse A, die bisher primär von Eigennutzern belegt sind", so Kastner, der in Aussicht stellt, dass mit der Fertigstellung der neuen Flächen auch die Fremdnutzerquote in Graz steigen wird, da zunehmend spekulativ errichtet wird. Aktuell entsteht das Projekt des amerikanischen Logistikimmobilien-Entwicklers Panattoni in Leibnitz, der rund 60.000 m² große Technologie- und Gewerbepark wird von CBRE begleitet und vermietet.

Aufholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit

Der Logistikmarkt Linz wächst langsamer als die anderen Hotspots in Österreich, 2022 sind zu den bestehenden 1,8 Millionen Quadratmeter Fläche 43.000 m² dazu gekommen. „Ein großer Teil des Bestandes in Linz ist veraltet, so entsprechen rund 58 Prozent der Flächen nur den Klassen B & C", analysiert Kastner den Markt und weist darauf hin, dass diese Flächen nicht den modernen Standards entsprechen und es vor allem im Bereich Nachhaltigkeit noch Aufholbedarf gibt. Aufgrund der angespannten Situation würden Nutzer immer mehr nach Osten oder auf Flächen entlang der A1 wie etwa in Amstetten oder Herzogenburg ausweichen.

Logistikinvestment unter den Top 3

Weiterhin großes Interesse gibt es von Investoren an Logistikimmobilien. Mit einem Rekordvolumen von 670 Millionen Euro im Jahr 2022 befand die Assetklasse sich erneut unter den Top 3 bei österreichischen Immobilieninvestments. „Das Investoreninteresse ist groß, allerdings werden immer mehr Parameter bei der Bewertung der Investments herangezogen: Der Zustand der Immobilien wird genauer überprüft, ebenso die ESG-Konformität. Prinzipiell prüfen die potenziellen Käufer und die finanzierenden Banken jedes Investment sehr intensiv“, analysiert Laura Holzheimer, Head of Research bei CBRE. „Wir wissen aus unseren Studien, dass Logistikimmobilien nach wie vor zu den bevorzugten Assetklassen der Investoren zählen. Insgesamt gehen wir 2023 von einem niedrigeren Transaktionsvolumen aus, in Logistikimmobilien könnte aber ähnlich viel investiert werden wie im Vorjahr.“, so Holzheimer.

Europa: Einbruch bei Vermietungen

Bis Ende 2022 konnte der europäische Logistikimmobilienmarkt ausschließlich Wachstumsraten verzeichnen. Die Situation hat sich allerdings seit dem vierten Quartal 2022 verändert, in einigen Märkten ist ein deutlicher Einbruch bei Neuvermietungen zu verzeichnen. In Deutschland gingen die Vermietungen im ersten Quartal 2023 verglichen mit einem starken ersten Quartal 2022 um über 60 Prozent zurück, in etlichen anderen großen europäischen Märkten um bis zu 40 Prozent. „Auslöser für diese Entwicklung ist zum einen die Normalisierung im Online-Handel, der sich zu den Wachstumsraten von vor der Pandemie zurückbewegt, zum anderen die Zurückhaltung beim Treffen von Entscheidungen. Zudem gibt es nach wie vor zu wenige Flächen“, analysiert Kreindl den europäischen Markt. „Die Jahre 2023 und 2024 werden gegenüber den Rekord-Vermietungsvolumina von 2021/22 zurückfallen, allerdings noch immer auf sehr hohem Niveau bleiben. Die strukturelle Unterversorgung Europas mit modernen Logistik-Flächen drückt sich ganz klar in nach wie vor in extrem geringen Leerstandsraten und stark gestiegenen Mietniveaus aus.“

Nachdem nach Ende der Pandemie die E-Commerce Entwicklung in ganz Europa wieder auf das Niveau der vor-pandemischen Wachstumskurve zurückkehrt, spielt dieser Treiber bei der Nachfrage von Logistikflächen aktuell eine untergeordnete Rolle. In der Zeit der Pandemie wurden sehr großzügig Flächen angemietet, die aktuell nicht gebraucht oder nicht übernommen werden. Online-Shopping ist und bleibt ein Wachstumsmarkt, allerdings wird das Wachstum langsamer erfolgen als während der Pandemie. „CBRE wurde gerade von einem Fashion E-Commerce Unternehmen mit der Suche nach sehr großen Logistikflächen in Österreich, Schweden und der CEE-Region beauftragt“, blickt Kreindl in die Zukunft. Ein neuer Treiber am Logistikmarkt sind Produktionsbetriebe bzw. B2B Unternehmen, die Flächen für ihre Logistik nachfragen. „Da sprechen wir von Flächen für Solarpaneele, Wärmepumpen, Klimaanlagen oder Batterien für E-Autos. Wir sind aber auch mit der Suche nach Produktions- bzw. Logistikflächen für E-Lokomotiven beschäftigt“, beschreibt Kreindl die neue Vielfalt am Logistikmarkt. (red)

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