Interview

Hongkonger Journalistin: "Es ist lächerlich, wenn man Menschen so überwachen muss"

"Apple Daily"-Gründer Jimmy Lai bei seiner Verhaftung unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz 2020.REUTERS
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Jimmy Lai, Gründer der früheren Peking-kritischen Zeitung „Apple Daily“, wird im Gefängnis sterben, warnt Journalistin Phoebe Chow. Sie arbeitete selbst bei dem Hongkonger Boulevardblatt - und kündigte wegen der zunehmenden Medienkontrolle.

„Die Presse“: Existiert freier Journalismus in Hongkong überhaupt noch?

Phoebe Chow: Der Grad der Pressefreiheit hat drastisch abgenommen. Früher musste man nicht fürchten, der Subversion oder Abspaltung unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz beschuldigt zu werden. Das Gesetz ist sehr schwammig. Man weiß nie, ob man mit der Berichterstattung die rote Linie überschreitet. Journalisten berichten noch über gesellschaftliche Probleme, aber für politisch heikle Themen gibt es keine großen Freiheiten mehr. Der Journalismus ist zensierter, das Wording milder.

 

Sie haben für das prodemokratische Boulevardblatt „Apple Daily“ gearbeitet. Wie haben Sie die letzten Monate Ihrer Arbeit als Journalistin erlebt?

Ich habe bis Februar 2021 dort gearbeitet, vier Monate bevor „Apple Daily“ schloss. Ich war für China- und Taiwan-Themen zuständig. Ich bin oft nach Festland-China gereist, unter anderem für Recherchen über das Sozialkreditsystem. In China ist es nicht möglich, auf dem offiziellen Weg Interviews zu erhalten. Daher habe ich verdeckt recherchiert. Im Oktober 2020 wurde ich an der Grenze zu Shenzhen zurückgewiesen. Es gibt überall Überwachungskameras. Vielleicht haben Sie mein Gesicht identifiziert, meine Identität als Journalistin. Hongkonger Journalisten bewegten sich mit Berichten über Festland-China in einem grauen Bereich. Als ich „Apple Daily“ verließ, merkte ich, dass ich nicht mehr die selben Freiheiten wie in der Vergangenheit hatte.

 

Die Zeitung galt als besonders kritisch ...


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