Pressefreiheit

Pressefreiheits-Index: Österreich verbessert sich leicht

Der vorliegende Welt-Pressefreiheits-Index ist der zweite, der nach einer neuen Methodik erstellt wurde.
Der vorliegende Welt-Pressefreiheits-Index ist der zweite, der nach einer neuen Methodik erstellt wurde.(c) IMAGO/Andreas Franke (IMAGO)
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Österreich schnitt vor allem bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schlecht ab. Der Index von Reporter ohne Grenzen reiht das Land nun auf Platz 29.

Am heutigen Tag der Pressefreiheit gibt die Österreich-Sektion von Reporter ohne Grenzen die weltweite Rangliste in Sachen Presse- und Informationsfreiheit bekannt. Nur acht Ländern wird im Pressefreiheits-Index eine "gute" Lage attestiert. Österreich hat sich leicht auf Platz 29 von 180 Ländern verbessert. Mit einem Score von 77,3 (Vorjahr: 76,7) liegt es im Mittelfeld der als "zufriedenstellend" eingestuften Länder. Der Verbesserung war ein Absturz im Vorjahresranking von Platz 17 auf 31 vorausgegangen. Vor allem im Bereich der Sicherheit ging es nun wieder nach oben. Bei politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen lag jedoch eine Verschlechterung vor.

Die Österreich-Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) stellte fest, dass Verbesserungen angekündigt worden seien, was ein weiteres Abstürzen im Ranking verhindere. Dies verändere die Lage der Pressefreiheit allerdings nicht zum Positiven hin. "Der letztjährige starke Absturz Österreichs im Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen hat sich also verfestigt", stellte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell fest. Die "Sanierung der gefährdeten Pressefreiheit in Österreich" sei der Medienpolitik "nicht gelungen". Angeführt wird etwa das Informationsfreiheitsgesetz, das nach wie vor nicht verabschiedet wurde. Österreich sei das einzige EU-Land ohne ein derartiges Gesetz, bemängelte RSF Österreich.

Keine Deckelung für Inserate von öffentlicher Hand

Kritisch sieht die Organisation auch, dass die neue Qualitätsjournalismus-Förderung etwa Diversität und Innovation ignoriere und zudem weiterhin keine Deckelung von Geldern öffentlicher Stellen für Inserate geplant ist. "Korruptiven Verhältnissen zwischen Regierung und Medien wurde durch das neue, 2022 als Entwurf vorliegende Medientransparenzgesetz kein Riegel vorgeschoben. Es können weiter ohne Folgen weitgehend willkürlich von der Regierung Werbeaufträge vergeben und Medienkooperationen eingegangen werden", bemängelte Hausjell.

Das Vorjahr war auch durch diverse Rücktritte renommierter Chefredakteure geprägt, die ein zu enges Naheverhältnis von einzelnen Politikern zu einzelnen Journalisten aufzeigten. "Diese schwerwiegenden Vorwürfe gegen führende Journalisten haben ein Bild verkommener Verhältnisse offengelegt, das zwar relativ rasch zu Rücktritten geführt hat, das aber dem Journalismus im Land ungemein schadet", befand der RSF-Österreich-Präsident.

Im Ranking wurde Österreich bei der Säule "Politischer Kontext" um 3,81 Punkte auf 74 Punkte herabgestuft, womit man auf Platz 33 landet. Jüngste Entwicklungen in der Inseratencausa wie eine Hausdurchsuchung beim Verlag der Gratiszeitung "Heute" werden wie auch das endgültige Aus der "Wiener Zeitung" in der gegenwärtigen Form erst im nächsten Ranking berücksichtigt.

Worauf sich der Index bezieht

Der vorliegende Welt-Pressefreiheits-Index ist der zweite, der nach einer neuen Methodik erstellt wurde. Der Index stützt sich auf fünf Indikatoren: politischer Kontext, wirtschaftlicher Kontext, rechtlicher Rahmen, soziokultureller Kontext und Sicherheit. Am schwächsten schnitt Österreich mit einem Score von 61,9 Punkten bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Hier gab es im Vergleich zum Vorjahresranking allerdings eine leichte Verbesserung, die auch auf eine neue Digitalisierungsförderung für die heimischen Medienhäuser zurückzuführen ist.

Die ökonomischen Rahmenbedingungen drücken vielerorts: Weil der klassische Journalismus durch die zunehmende Konkurrenz von sozialen Medien und digitalen Onlineriesen, die ungefähr die Hälfte des Werbemarktes abschöpfen, nur mehr schwer zu finanzieren ist.

Stark zugelegt hat Österreich im Bereich der Sicherheit von 84,3 auf 89,2 Punkte. Das ist darauf zurückzuführen, dass Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen abgeebbt sind und keine "harten physischen Attacken" auf Journalistinnen und Journalisten verzeichnet wurden. RSF Österreich rät der Regierung jedoch, mit der Polizei ein Sicherheitssystem zu entwickeln.

"Gute" Lage in Norwegen, Irland, Dänemark, Schweden, Finnland und den Niederlanden

Lediglich acht Ländern wird im Pressefreiheits-Index eine "gute" Lage beschieden. Die Spitze führt zum 7. Mal in Folge Norwegen an. Dahinter folgen Irland, Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande. Letztere verbesserte sich um 22 Plätze und erreichte wieder die Position aus 2021, bevor der Kriminalreporter Peter R. de Vries ermordet worden war. Neben Österreich werden 43 weitere Länder als "zufriedenstellend" gerankt. Hier finden sich etwa die Schweiz (Platz 12), Deutschland (21; minus 5 Plätze), Frankreich (24), das Vereinigte Königreich (26) oder auch die USA (45).

Ungarn (Platz 72) findet sich wie auch Polen (57) und die Ukraine (79) unter den Ländern mit "erkennbaren Problemen". Letztplatziertes EU-Land ist Griechenland auf Platz 107, wo Journalisten von Geheimdiensten und durch Spionagesoftware bespitzelt werden. Am Ende des Rankings finden sich Nordkorea (180), China (179), Vietnam (178), der Iran (177), Turkmenistan (176) und Syrien (175). Auch in Russland (164), wo der Kreml hart gegen die restlichen verbliebenen unabhängigen Medien vorgeht, und der Türkei (165) wird die Lage von RSF als "sehr ernst" eingestuft. Insgesamt finden sich 31 Länder in dieser Kategorie und damit drei mehr als im Vorjahr.

„Wachsende Feindseligkeit gegenüber Journalisten"

RSF-Generalsekretär Christophe Deloire ortete eine gewisse "Instabilität", die "Ergebnis einer zunehmenden Aggressivität der Behörden in vielen Ländern und einer wachsenden Feindseligkeit gegenüber Journalist:innen in den sozialen Medien und in der realen Welt" sei. Die Fake-Content-Industrie ist laut RSF auf dem Vormarsch. In 118 Ländern gaben die meisten Befragten an, dass politische Akteure in ihren Ländern häufig oder systematisch an massiven Desinformations- oder Propagandakampagnen beteiligt seien. Manipulierte Inhalte würden eingesetzt, um Qualitätsjournalismus zu schwächen.

(APA/red.)

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