Ostsee

Mysteriöse Bewegungen russischer Schiffe bei Stelle von Nord-Stream-Anschlag

FILE PHOTO: A satellite image shows gas leaks from Nord Stream pipeline in the Baltic Sea
FILE PHOTO: A satellite image shows gas leaks from Nord Stream pipeline in the Baltic Seavia REUTERS
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Ein ehemaliger britischer Agent hat dokumentiert, dass sich sogenannte Dark Ships Russlands im Juni 2022 in der Nähe der späteren Anschlagsorte auf die Nord-Stream-Pipelines bewegten, berichtet der "Spiegel".

Ein pensionierter Geheimdienstagent aus Großbritannien hat auffällige Bewegungen russischer Schiffe dokumentiert, die im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 stehen könnten, berichtet der „Spiegel“. Der Ex-Geheimdienstler beobachte seit Jahren bestimmte Funkfrequenzen, auf denen die Schiffe in regelmäßigen Abständen ihre Positionsdaten an russische Stellen durchgeben. Dadurch ließen sich teilweise auch die Bewegungsprofile sogenannter Dark Ships erstellen, die ihr automatisches Identifikationssystem (AIS) ausgeschaltet haben, um von niemandem geortet werden zu können.

Anfang Juni, wenige Monate bevor drei der vier Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee zerstört worden waren, habe der ehemalige Agent ungewöhnliche Aktivitäten zweier russischer Schiffe östlich der dänischen Insel Bornholm aufgezeichnet. Sie dürften sich nur wenige Kilometer vom späteren Tatort entfernt befunden haben.

Eines der identifizierten Schiffe, die „Sibirjakow“, ist ein hydrografisches Forschungsschiff, das für Unterwasseroperationen ausgerüstet ist. Sonst halte es sich nicht in diesem Bereich der Ostsee auf, sagte der Ex-Agent dem „Spiegel“. Eine Woche zuvor habe sich ein anderes, nicht identifiziertes Schiff rund um den Ort bewegt, wo später die Attentate stattgefunden haben.

Dänisches Militär stellt ähnliche Beobachtungen auf

Der „Spiegel“ und ein skandinavisches Rechercheteam ließen die Angaben von dem norwegischen Unternehmen KSAT überprüfen. Eine Analyse von Satellitenbildern bestätigten die Angaben des pensionierten Briten. Und auch das dänische Militär berichtete Ähnliches. Demnach habe sich wenige Tage vor den Explosionen ein russisches Spezialschiff in der Nähe der Detonationsorte befunden.  Ein dänisches Patrouillenschiff habe am 22. September 2022 östlich der Insel Bornholm 26 Bilder von der "SS-750" gemacht habe.

Auch "t-online" hatte Ende März unter Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen und öffentlich einsehbare Daten berichtet, dass russische Militärschiffe wenige Tage vor den Anschlägen auf die Pipelines mutmaßlich an den Tatorten operiert hätten - darunter auch die "SS-750".

Ex-Agent hat mehrere Erklärungen für russische Schiffsmanöver

Die Behörden gehen bei den Explosionen von Sabotage aus. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. In Deutschland, Dänemark und Schweden laufen Ermittlungen. Insgesamt vier Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Nordstream-Pipelines gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas.

Wer für den Sabotage-Akt verantwortlich ist, ist immer noch nicht geklärt. Zuletzt hatte es Hinweise darauf gegeben, dass eine pro-ukrainische Gruppierung von einem Boot aus Sprengsätze an den Pipelines befestigt und diese zur Explosion gebracht haben könnte. Mehreren Medienberichten zufolge war das Boot von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden, die sich im Besitz von zwei Ukrainern befindet. In dem Boot seien später Sprengstoffspuren gefunden worden. Die Ukraine wies eine Beteiligung aber zurück. Und westliche Sicherheitskreise schließen auch aus, dass Russland hinter den Anschlägen steckt.

Was also machten die russischen Schiffe in der Nähe der Explosionsorte? Eine allgemeine Aufklärungsmission der Russen sei denkbar, sagt der ehemalige Geheimdienstagent dem „Spiegel“, auch ein Test, wie die Anrainerstaaten Dänemark und Schweden auf die russische Präsenz in dänischen Gewässern reagieren würden. Oder wollten die Russen die Infrastruktur sogar mit ihrer Flotte vor einem Angriff schützen? Auch diese Frage wirft der Spezialist auf.

(me)

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