Michael Pinter, Spitzenkandidat der Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs, spricht über inklusive und klimaneutrale Unis.
Die Presse: Die Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) fordern inklusive Unis und „Safe Spaces“. Was ist darunter zu verstehen?
Michael Pinter: Es gibt noch einiges zu tun, damit sich alle an der Uni wohlfühlen können und Diskriminierung abgebaut wird. Es braucht Anlaufstellen bei Diskriminierung an den Hochschulen, die professionelle Hilfe bieten, eine freie Pronomenwahl und Schulungen für Hochschulpersonal, beispielsweise beim Sprachgebrauch.
Inwieweit sollen Safe Spaces reichen? In Deutschland wurde etwa gegen eine Professorin demonstriert, weil sie ein Seminar zum Kopftuch abhielt: Es hieß, sie könne das nicht machen, da die Professorin keine Muslima sei und sich Muslima diskriminiert fühlen könnten.
Es ist wichtig, auf die Betroffenen zu hören. Sie können am besten beurteilen, ob sie diskriminiert werden. Als nicht betroffene Person kann ich einer betroffenen Person niemals die Diskriminierungserfahrung absprechen.
Was heißt das im Fall der deutschen Professorin? Soll sie so ein Seminar machen dürfen, wenn sich jemand diskriminiert fühlt?
Wenn sich Personen diskriminiert fühlen, muss man eine Lösung finden.
Was wäre die Lösung? Das Seminar abzusagen?
Man könnte das Seminar absagen oder auf die Betroffenen zugehen und sie unterstützen, damit sie etwas organisieren.
Das wäre aber ein Eingriff in die universitäre Lehre und Freiheit.
Im Endeffekt liegt die Letztverantwortung bei der Universität oder Hochschule. Aber es ist eine gerechtfertigte Forderung von Studierenden oder von der ÖH, dass man das macht. Wir haben als ÖH einen offenen Brief gegen eine Vorlesung geschrieben, in der Corona verharmlost wurde, weil das an einer Hochschule genauso wie antisemitische Theorien nichts zu suchen hat.
Sie wollen, dass die ÖH eine bundesweite Bedeutung hat. Inwiefern aber sind die freie Pronomenwahl und Unisex-Toiletten studentische Blasenthemen?
Es sind wichtige Beiträge, um die Hochschulen inklusiver zu machen. Natürlich betrifft es Studierende, weil es darum geht, diesen Gruppen Sichtbarkeit zu geben. Für die, denen es hilft, ist es gut, und den anderen tut es ja nicht weh. Aber: Das sind ja nur kleine Punkte unserer Forderungen. Wir haben wesentlich mehr im Wahlprogramm.
Eine weitere Forderungen der FLÖ sind klimaneutrale Hochschulen. Was schwebt Ihnen da vor?
Erst vier Universitäten haben einen Nachhaltigkeitsbericht, den sie verpflichtend abgeben müssen. Das muss zumindest an allen öffentlichen Universitäten ausgebaut werden. Es braucht einen Strategieplan, wie die Hochschulen die CO2-Emissionen reduzieren können. Das geht von Dienstreisen über die Energieversorgung bis hin zu den PV-Anlagen.
Was könnte zum Beispiel bei den Dienstreisen gemacht werden?
Konferenzen leben vom persönlichen Austausch. Kurze Besprechungen muss man online machen, dafür quer durch die Welt zu reisen muss nicht sein. Man könnte auf Dienstreiseregelungen setzen, die Flugkosten unter einer gewissen Distanz nicht rückerstatten. Bei strikteren Regeln kann man die Leute gut dazu motivieren, nachhaltige Mobilität zu nutzen.
Ein großes Thema bei den Studenten ist leistbares Wohnen. Welche Fördermaßnahmen schlagen Sie hier vor?
Wir finden die Idee einer Mietpreisdeckelung ansprechend. Es soll auch eine staatliche Unterstützung als Wohnkostenzuschuss in Höhe von 250 Euro monatlich für Studenten geben. Die Studienbeihilfe muss ebenfalls erhöht werden.
Viele Forderungen der FLÖ werden bei der ÖH-Wahl auch von anderen linken Parteien erhoben. Was unterscheidet die FLÖ denn hier inhaltlich?
Wir setzen uns für bessere Studienbedingungen und ein besseres Studienrecht vor Ort an den Hochschulen ein. Das fehlt mir bei anderen.
Aber für bessere Studienbedingungen setzen sich doch alle Fraktionen ein.
Wir sind da aber konkreter, etwa mit fairen Regelungen zu den Anwesenheitspflichten, zu den prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen. Das habe ich bei den anderen nicht gesehen.