Geldpolitik

Ist der Plafond bald erreicht? EZB hebt Zinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte an

Pressekonferenz der EZB Europaeische Zentralbank Aktuell, 02.02.2023, Frankfurt, Christine Lagarde Praesidentin der Euro
Pressekonferenz der EZB Europaeische Zentralbank Aktuell, 02.02.2023, Frankfurt, Christine Lagarde Praesidentin der EuroIMAGO/Political-Moments
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Die EZB hob am Donnerstag die Leitzinsen für die Eurozone erneut an. Sie liegen nun bei 3,75 Prozent. Damit soll die im April überraschend gestiegene Inflation in Griff gebracht werden. Allerdings erhöhen die rasant steigenden Zinsen den Druck sowohl auf Kreditnehmer als auch auf Banken.

Wien. Die inhaltliche Vorgabe für die geldpolitische Sitzung der EZB kam zu Wochenbeginn. Da vermeldete Eurostat, dass die Inflation in der Eurozone anstatt zu fallen wieder angestiegen ist - und zwar von 6,9 auf sieben Prozent. Das ist zwar immer noch wesentlich geringer als in Österreich, wo die Teuerung von 9,2 auf 9,8 Prozent zulegte, liegt aber dennoch deutlich über dem Zielwert der Zentralbank von zwei Prozent.

Die aktuelle Zinsentscheidung

Es war daher bereits im Vorfeld der Zinssitzung klar, dass es neuerlich zu einer Zinsanhebung kommen wird. Allerdings gingen die meisten Analysten davon aus, dass diese nur mehr um einen Viertelprozentpunkt erfolgen wird, nachdem in den letzten drei Sitzungen noch jeweils um 0,5 Prozentpunkte angehoben wurde. Und wie erwartet entschied sich die EZB nun auch dazu, die Geschwindigkeit bei den Zinserhöhungen etwas zu drosseln. Am frühen Nachmittag gab sie bekannt, dass die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent angehoben werden.

„Der Inflationsausblick ist zu lange schon zu hoch“, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Zinssitzung. Dass die Zentralbank bei den Zinserhöhungen nun dennoch leicht auf die Bremse tritt, erklärte sie damit, dass erste Wirkungen der bisherigen Erhöhungen bereits zu sehen seien. So sei etwa die Kreditvergabe in der Eurozone bereits spürbar zurückgegangen. Und dieser Entwicklung wolle man mehr Zeit geben. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Phase der Zinserhöhungen bereits zu Ende gehe. „Wir sind auf einer Reise und haben unser Ziel noch nicht erreicht. Es gibt noch Boden, den wir gutmachen müssen“, so Lagarde. 

Mit der nunmehrigen Zinsanhebung liegen die Leitzinsen in der Eurozone nur mehr knapp unter dem höchsten Stand der vergangenen 20 Jahre. Lediglich kurz vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 lagen sie mit 4,25 Prozent kurzfristig noch etwas höher. Doch die Chancen sind zumindest intakt, dass auch dieser Wert bei einer der nächsten Sitzungen fallen wird. So hat beispielsweise die US-Notenbank Federal Reserve ihre Leitzinsen erst am Mittwochabend neuerlich um einen Viertelprozentpunkt auf die Spanne von fünf bis 5,25 Prozent angehoben. Und auch wenn Lagarde es immer in Abrede stellt, der US-Notenbank zu folgen, laufen die USA sowohl bei der Inflationsentwicklung als auch bei der Reaktion der Zentralbank dem Euroraum mit einigen Monaten sozusagen voraus.

Der Ausblick in die Zukunft

Der entscheidende Grund dafür, dass es wohl noch ein paar Zinsanhebungen geben wird, ist jedoch die eingangs erwähnte nach wie vor zu hohe Teuerung. Und die Geldwertstabiltität ist das einzige und entscheidende Mandat der EZB. Die Erhöhung der Leitzinsen soll nun dazu führen, dass die Nachfrage nach Krediten zurückgeht und so kreditfinanzierte Investitionen geringer werden und damit die Nachfrage sinkt. Dies führt bei einem gleichbleibenden Warenangebot zumindest mittelfristig zu einem geringeren Inflationsdruck.

Unklar ist jedoch, wie lange dieser Effekt dauert. So gibt es zumindest erste Anzeichen, dass die im Juli des Vorjahres gestarteten Zinserhöhungen langsam ihre Wirkung entfalten. So beginnt sich die Wirtschaft in der Eurozone bereits abzuschwächen - das BIP ist im ersten Quartal nur noch um 0,1 Prozent gewachsen. Diese Abschwächung der Wirtschaft, die in der Regel auch mit steigenden Arbeitslosenzahlen einhergeht, ist auch der Preis, der für die Inflationsbekämpfung bezahlt werden muss. Die Hoffnung ist dabei jedoch, dass es zumindest zu keiner „harten Landung“ - also einer tiefgreifenden Rezession kommt. Bisher deutet darauf zwar noch wenig hin, verschärfen sich die Probleme am Finanzmarkt, könnte dies sich jedoch ändern.

Die Auswirkungen der hohen Zinsen

Denn die rasant ansteigenden hohen Zinsen sorgen bereits für Probleme an den Märkten. Diese führen nämlich dazu, dass bestehende, niedrig verzinste Wertpapiere wie Staatsanleihen massiv an Wert verlieren. Das ist kein Problem, solange es sich dabei um sogenannte „stille Verluste“ handelt, die in der Bilanz etwa von Banken nicht abgebildet werden müssen. Müssen die Institute diese Wertverluste jedoch realisieren, weil sie die Liquidität brauchen, kann das zu enormen Verlusten und sogar Pleiten führen.

In diese Situation sind zuletzt mehrere US-Regionalbanken wie die Silicon Valley Bank oder die First Republic Bank gekommen. Und auch am Donnerstag sorgte der massive Wertverlust bei der PacWest für neue Unruhe. In Europa sind solche Fälle bislang noch ausgeblieben - die Pleite der Credit Suisse hatte auch viele andere Gründe. Dennoch ist auch hier die Situation angespannter als noch vor einigen Monaten.

Aber auch für Kreditnehmer können die abrupt steigenden Zinsen ein Problem sein, wenn diese variable Kredite besitzen. Davon betroffen sind nicht nur private Kreditnehmer, sondern auch viele Unternehmen - vor allem im Immobilienbereich. So sorgt derzeit beispielsweise der deutsche Immobilienkonzern Vonovia für Aufregung an den Börsen, da das Unternehmen in den vergangenen Tagen mehrmals größere Immobilienportfolios verkaufen musste, um seine Liquidität zu steigern.

Für Anleger brachten die steigenden Zinsen in den vergangenen Monaten auch eher negative Effekte, da sowohl Anleihen als auch Aktien eher an Wert verloren. Anleihen, weil neue festverzinsliche Wertpapiere nun attraktiver sind und Aktien, weil durch die steigenden Zinsen die risikolosen Anlegen ebenfalls an Rendite gewinnen. Profitieren sollten mittelfristig jedoch die klassischen Sparbuch-Sparer. Doch derzeit sind die Banken bei der Weitergabe der gestiegenen Zinsen noch eher zögerlich. 

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