Gastkommentar

Gewinnsteuern gegen „Gierflation“

Ein Teil der heimischen Inflation ist hausgemacht. Der größte Treiber dafür sind Unternehmensgewinne.

Der Autor

Mag. Oliver Picek,PhD ist Chefökonom beim Momentum-Institut.

Die Teuerung geht nicht weg. Getrieben wird die Inflation dabei längst nicht mehr nur durch teures ausländisches Öl oder russisches Gas. Ein Teil der heimischen Inflation ist mittlerweile hausgemacht. Das Feuer entfacht haben die Unternehmen. Denn drei Viertel der hausgemachten Inflation verursachten im vergangenen Jahresviertel 2022 die Gewinne der Unternehmen. In den USA ist das Phänomen unter dem Namen „Gierflation“ bekannt geworden. Wissenschaftlicher ausgedrückt handelt es sich um profitgetriebene Preiserhöhungen. Viele Betriebe geben nicht nur die hohen Energiepreise an ihre Kunden weiter. Sie weiten im Windschatten der Teuerung auch ihre Gewinnspannen ordentlich aus. Erhöhen Unternehmen ihre Preise weit stärker als nötig, also über ihre Kosten hinaus, bedeutet das mehr Profit für sie. Doch unnötig hohe Preise treiben die Inflation weiter hinauf. Das schadet der Volkswirtschaft und kostet die Konsumenten Kaufkraft.

Die profitgetriebene Teuerung ist auch ein Teil der Antwort auf die Frage, wieso die Inflation in Österreich höher ist als in allen anderen Ländern West-, Süd- und Nordeuropas. Vor der Pandemie war weit und breit nichts von dieser Profit-Inflation zu sehen. Seitdem hat die Energiewirtschaft die Preise für die heimisch erzeugte Energie um über 40 Prozent erhöht. Land- und Forstwirte schraubten ihre Preise ein Drittel hinauf, die Bauwirtschaft um ein gutes Viertel. Fast alles davon landete in höheren Profiten, nicht in höheren Löhnen. Gespürt haben wir die profitgetriebenen Preiserhöhungen auch im Handel, Verkehr, in der Gastro und bei Hotels. Im Finanzsektor rollt die Profit-Inflation gerade erst an – mit höheren Zinserträgen der Banken, die sie aber nicht an ihre Sparkunden weitergeben. Gemeinsam machen diese Branchen 40 Prozent der österreichischen Wertschöpfung aus.

Wie kommt es zur profitgetriebenen Teuerung? Zum einen gibt es Kriegsgewinner. Kriegsbedingt geht die Angst vor Knappheit um, bei Diesel, Kunstdünger, oder Weizen. Wer trotzdem liefern kann, lässt sich das entsprechend vergolden. Zum anderen gibt es die Teuerungsgewinner. Unternehmen nutzen ihre Marktmacht aus. Meist haben sie nur wenige Mitbewerber. Zieht der Marktführer die Preise an, stehen die wenigen Konkurrenten vor der Entscheidung mitzuziehen und selbst hohe Profite einzufahren oder mit Kampfpreisen Marktanteile zu erobern. Den meisten Betrieben fällt die Wahl in unsicheren Zeiten leicht: Sichere Profite durch gemeinsame Preiserhöhungen.

Politik muss nicht zuschauen

Was also tun? Die Politik muss nicht zuschauen. Sie kann wirksame Übergewinnsteuern einführen. Spanien tut das für Banken. Österreich hat zwar eine für Strom und Treibstoff, doch ist sie lasch ausgestaltet und greift die Übergewinne kaum an. Über alle Branchen kann die Politik auch die Körperschaftsteuer hinaufsetzen, um einen höheren Anteil der Unternehmensgewinne abzuschöpfen. Das bringt dem Staat Einnahmen, um die Konsumenten als Opfer der höheren Preise zu entschädigen. Will die Regierung gegen diesen Typ der hausgemachten Inflation direkt vorgehen, sind strategische Preiseingriffe ein Hebel. Ein Strompreisdeckel im Großhandel nach spanischem Vorbild hätte die Inflation in Österreich im vergangenen Jahr um zwei Prozentpunkte nach unten gedrückt, Industrie und Haushalte entlastet. Eine umfassende Mietpreisbremse könnte dem überhitzten Immobilienmarkt eine kalte Dusche verpassen. Höchstpreise für Grundnahrungsmittel die Preisexplosion im Supermarkt dämpfen. Zwar fallen die Gewinne dann niedriger aus. Die Inflation aber auch.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

>>> Mehr aus der Rubrik „Gastkommentare“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.