Krise

Banken retten – aber richtig

Londons Finanzplatz Canary Wharf am Tag nach der Konkursanmeldung der Lehman Brothers.
Londons Finanzplatz Canary Wharf am Tag nach der Konkursanmeldung der Lehman Brothers.SHAUN CURRY/AFP/picturedesk
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Warum werden Banken am wirtschaftlichen Leben erhalten – und nicht der kleine Kaufmann? Wie weit muss man sie regulieren, und wann schießt man übers Ziel hinaus? Wie kann verhindert werden, dass Manager zu hohe Risiken eingehen? Ewald Nowotny, ehemaliger Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, zieht Lehren aus der Krise.

Die deutsche Dichterin Annette von Droste-Hülshoff gilt als eher weltfremde Lyrikerin. Doch in einem Gedicht aus dem Jahr 1831 mit dem Titel „Die beschränkte Frau“ hat Droste-Hülshoff jedenfalls das zentrale Finanzierungsproblem des Handels – und noch stärker der Banken – sehr zutreffend beschrieben:

Der Handel ist ein zart Gebäu,
Und ruht gar sehr auf fremden Säulen.
Ein Freund falliert, ein Schuldner flieht, Ein Gläub'ger will sich nicht gedulden. Und eh ein halbes Jahr verzieht,
Weiß unser Kaufmann sich in Schulden.

In dieser Lage kommt dem Kaufmann seine Frau zu Hilfe und gibt ihren ererbten Schmuck hin. Bezogen auf den Bankenbereich verweisen diese Zeilen zunächst richtig auf die Abhängigkeit des Bankgeschäfts von externen, insbesondere auch volkswirtschaftlichen Entwicklungen (die „fremden Säulen“). Außerdem wird das Kreditrisiko (das „Fallieren“) adressiert, schließlich das Risiko der mangelnden Stabilität der externen Finanzierung, im Fall der Banken speziell der Einlagen. Nicht richtig erfasst ist dagegen die im letzten Satz dargestellte Situation: Es geht nicht um Schulden, die hatte der Kaufmann ja schon vorher bei seinen Gläubigern, sondern es geht um Liquidität, das heißt, die Möglichkeit, Zahlungen für ausstehende Forderungen zu leisten. Im Fall des Gedichts soll diese Liquidität durch den Verkauf des Schmucks der „beschränkten Frau“ erreicht werden.

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