Literatur

Ist dem Menschen zu trauen?

Hans Joachim Schädlich springt durch Jahrhunderte und Weltgegenden, Einzelschicksalen und der menschlichen Grausamkeit auf der Spur.

Der Titel klingt nicht gerade philanthropisch: Hans Joachim Schädlich nennt sein jüngstes Buch mit einer Anleihe bei dem Satiriker Jonathan Swift „Das Tier, das man Mensch nennt“. Es beginnt mit der Folterung und Ermordung jüdischer Schriftsteller zur Zeit Stalins, den Schädlich hier als den „Pockennarbigen“ bezeichnet. Er erzählt von den Ungeheuerlichkeiten mit dem für ihn charakteristischen lakonischen Ton eines dokumentarischen Berichts. Die Fakten sprechen für oder vielmehr gegen sich. Sie bedürfen keiner emotionalisierenden Suggestion und keiner moralisierenden Bewertung von außen.

Auf Stalin folgt Philipp II., König von Makedonien, wie ihn Plutarch in einer Anekdote verewigt. Was beide verbindet, ist das Versprechen des Buchtitels: „Das Tier, das man Mensch nennt“. Schädlichs Buch ist kein Roman und keine Sammlung von heterogenen Erzählungen – es sind literarisch-politische Variationen zu einem Thema. Manche sind eine halbe Seite, manche bis zu acht Seiten, eine einzige über den österreichischen Komponisten Johann Carl Ditters von Dittersdorf ist fünfzehn Seiten lang. Vorbilder finden sich in der avantgardistischen Literatur der frühen Sowjetunion oder, im deutschen Umfeld, bei Alexander Kluge.

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