Krönung

Die britischen Spuren in Wien

Afternoon Tea, Scones mit Clotted Cream, (Wiener) Kronjuwelen und Wachsfiguren: Man muss nicht nach London fliegen, um sich ein bisschen britisch zu fühlen.

Wien. Am Samstag blickt (fast) die ganze Welt nach London, wenn ebendort in der Westminster Abbey Charles III. offiziell zum König gekrönt wird. Auch in Wien hinterlässt die Krönungsfeierlichkeit einige Spuren – wie die Stadt sich überhaupt an einigen Orten (und mit ein klein wenig Fantasie) fast wie London anfühlen kann.

Tea

So muss man sich nicht in England befinden, um den typisch britischen Afternoon Tea oder Five o'Clock Tea zu erleben. In den vergangenen Jahren haben gleich mehrere Hotels und Lokale den berühmten Tee und seine Variationen auf ihre Karte gesetzt. Im Hotel Kempinski wird der Afternoon Tea etwa täglich (12–17 Uhr) mit Zitronentartelette, Schoko-Kirsch-Dessert, Beef Tatar oder Feigenbrioche in der Lobby-Lounge serviert. Wobei Gäste zwischen einer deftigere Version und einer süßeren wählen können.

Bekannt ist auch der Afternoon Tea im Hotel Bristol, der hat allerdings gerade Pause und kommt demnächst als Summer Tea wieder. Ganz traditionell (also mit Tee, Sandwiches, Scones mit Erdbeermarmelade und Clotted Cream sowie Petits Fours) wird man täglich ab 15 Uhr im Teehaus Haas & Haas bewirtet. Auch im Café Little Britain gibt es Sandwiches, Scones und „a sweet surprise“ zum Tee.

Wer lieber selbst kochen will: Britisches Essen für daheim (Baked Beans, Orangenmarmelade) gibt es in Bobby's Foodstore in der Schleifmühlgasse. Edler geht es im A World of Delicious Food im ersten Bezirk zu. Hier finden sich verschiedene Tees, Biscuits oder Lemon Curd der Londoner Luxusmarke Fortnum & Mason.

Übrigens: Für die Krönung steht in Großbritannien nicht das traditionelle Coronation Chicken auf dem Speiseplan, sondern eine – vegetarische – französische Coronation-Quiche mit Spinat, Saubohnen und frischem Estragon.

Juwelen

Das Wiener Pendant zum Tower of London mit seinem extrem gut bewachten britischen Kronschatz, den Crown Jewels, ist die Kaiserliche Schatzkammer in der Hofburg. Auch wenn hier die typischen Londoner Wachen, die Beefeaters, fehlen und man an den größten Schätzen anders als in London nicht auf einem Fließband vorbeifährt: Die Sammlung ist ebenso sehenswert, unter anderem sind die sogenannten Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reichs zu sehen, die – eine wahre Seltenheit – zur Gänze erhalten sind.

Der Superstar der Schatzkammer ist zweifellos die rund 1000 Jahre alte Reichskrone, die derzeit allerdings nicht ausgestellt ist, weil sie im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts umfassend erforscht wird. Dennoch könnte sich ein Besuch auszahlen, geht doch die britische Krönung auch an der Schatzkammer nicht vorüber.

Am Samstag gibt es eigene Kinderführungen zum Thema Krönung (um 15 Uhr für Kinder von fünf bis acht Jahre, um 16 Uhr für Kinder ab neun). Auch die Wagenburg in Schönbrunn greift die Krönungszeremonie in London auf: Am Samstag (14 Uhr) gibt es eine Kinderführung („Mit der Kutsche zur Krönung), am Sonntag eine für Erwachsene (elf Uhr). Für sehr Interessierte gibt es sogar ein Kombiticket für beide Häuser.

Riesenrad

Der Vergleich zwischen dem Wiener Riesenrad und dem London Eye drängt sich natürlich auf. Tatsächlich ist das Wiener Wahrzeichen aber auch selbst ein echter Brite: Zum einen gehörte der Grund, auf dem das Riesenrad 1897 eröffnet wurde, damals einem Briten. Auch die Ingenieure, die mit dem Entwurf des Riesenrads beauftragt wurden, waren Engländer: Hubert Booth und Walter Bassett Basset (ja, der hieß wirklich so).

Das Originalriesenrad (das 1944 ausbrannte) wurde auch mit Stahl aus Schottland errichtet, auf der Baustelle waren damals Dolmetscher, die für die Wiener Arbeiter übersetzten, im Einsatz. Die letzte Schraube des Riesenrads wurde von der britischen Botschafterin symbolisch festgezogen, denn der Eröffnungstag, der 25. Juni 1897, fiel auf das 60. Thronjubiläum von Königin Victoria.

Errichtet wurde das Riesenrad allerdings zum 50. Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph. Gedacht war es eigentlich nur als vorübergehende Installation – wie übrigens auch das London Eye, das als Millennium Wheel für die Jahrtausendwende errichtet wurde (aber für die Silvesternacht nicht rechtzeitig fertig wurde). Der Publikumserfolg ließen sowohl das Riesenrad als auch das London Eye allerdings zu permanenten Einrichtungen werden. Das London Eye ist mit 135 Metern mehr als doppelt so hoch wie das Riesenrad (das 200 englische Fuß misst, was 60,96 Metern entspricht), dafür dreht sich das Riesenrad mit 2,7 km/h zwar immer noch gemächlich, aber deutlich schneller als das London Eye (rund 1 km/h).

Wachsfiguren

Direkt gegenüber vom Riesenrad befindet sich auch der Wiener Ableger des weltberühmten britischen Wachsfigurenkabinetts Madame Tussauds. Nicht ansatzweise so überrannt wie das Londoner Original, kann man hier wesentlich entspannter von Wachsfigur zu Wachsfigur spazieren (die übrigens allesamt in London gefertigt wurden) und mit ihnen Selfies machen. Wobei die Figuren am Wiener Standort zum Teil sehr einschlägig österreichisch sind: von Sigmund Freud über Dominic Thiem bis Richard Lugner. Internationale Stars gibt es auch, von der britischen Königsfamilie bisher aber nur Queen Elisabeth.

Cricket

Auch sportlich kann Wien durchaus britisch sein, und das nicht nur beim Fußball. Sondern etwa auch beim Cricket: Der ursprünglich britische Sport kam vor 130 Jahren in Wien an. Als Breitensport hat sich das Schlagballspiel – das auf den ersten Blick dem Baseball ähnelt – nicht durchgesetzt, gespielt wird freilich immer noch, und zwar überraschend professionell: Knapp 20 Cricketvereine gibt es, sie spielen in einer Liga, deren Sieger jährlich zur europäischen Cricketmeisterschaft fährt.
Amtierender Österreich-Meister: der Vienna Cricket Club, der älteste und auch der aktivste Verein in Österreich. Gegründet 1975 von einem Englischlehrer und seinen Schülern, hat der Cricket Club heute rund 45 Mitglieder, Briten wie Österreicher, aber auch Neuseeländer, Südafrikaner oder Mexikaner sind dabei.

England-Nostalgie findet man, wenn, dann bei den Ü40-Spielern: „Sie spielen traditionell in Weiß, mit einem roten Lederball“, sagt Vereinssprecher Suraj Mohammad. „In der Liga geht es mehr um Leistung, um internationales Spielen, um die Nationalmannschaft.“ So eine gibt es tatsächlich. Und sie spielt heuer im Sommer in Schottland sogar um den WM-Einzug. Während aus England immer wieder neue Spieler dazukommen – etwa Botschaftsmitarbeiter oder andere Expats –, tut sich der Cricket Club mit dem lokalen Nachwuchs schwer: „Der fehlt eindeutig – wir versuchen unter anderem auch, in die Schulen zu gehen.“
Cricket ist vielleicht der typischste britische Sport, aber nicht der einzige: Insgesamt 15 Vereine in Österreich spielen Rugby – und auch, wenn das aus einer englischen Fantasiewelt kommt: Zwei Mal pro Woche wird im Prater Quidditch trainiert.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.