Die FPÖ fordert ein Jogginghosen-Verbot, damit Schüler mehr Leistung und Respekt zeigen - und vergisst dabei ihre eigenen Wähler. Über eine Forderung, die irgendwie aus der Welt ist.
Krieg in Europa, Teuerung und Energiekrise: Die Liste an aktuellen Problemen ist lang. Die FPÖ aber konzentriert sich auf scheinbar Wichtigeres. Ausgerechnet der Jugendsprecher der Wiener Partei lässt mit einer Forderung aufhorchen, die gelinde gesagt verwundert: An allen öffentlichen Schulen Wiens wünscht er sich ein Jogginghosen-Verbot. Ein entsprechender Antrag soll im Wiener Gemeinderat eingebracht werden.
Ja, hat die Wiener FPÖ nicht mitbekommen, was in der Modewelt in den vergangenen Jahren passiert ist? Der strenge Karl Lagerfeld ist lange tot, die Jogginghose ist längst salonfähig geworden. Dazu beigetragen hat natürlich auch die Pandemie. Superstars in Musik und Film werden in Jogginghosen auf der Straße fotografiert. Popstar Billie Eilish zeigt sich in pyjamaartigen Beinkleidern auf dem Red Carpet. Und auf dem Laufsteg finden Jogginghosen ebenfalls längst ihren Platz. Lagerfeld mag sie nicht gemocht haben, aber die Jogginghose ist etabliert. Und ja, es gibt Menschen, die haben eine um 250 Euro im Kasten hängen.
Kinder und deren Eltern runtermachen
Aber es geht ohnehin um etwas anderes: Das Argument der FPÖ zielt (wieder einmal) darauf ab, Kindern und Teenagern zu erklären, dass es nicht in Ordnung ist, wie sie aussehen, was sie anhaben und wie sie sind. Und natürlich zielt es auch darauf ab, Kinder (und ihre Eltern) aus bestimmten Bildungsschichten zu diskreditieren.
Das ist ziemlich perfide, oder – um es höflicher zu formulieren – pädagogisch wenig wertvoll. Denn hübsche Kleider machen noch keine guten Noten. Und Kleidungsverbote bringen nicht mehr Respekt und mehr Leistung in Schulen. Was die FPÖ außerdem übersieht: Der Anteil an Jogginghosen-Trägerinnen und -Trägern wird auch unter ihren Wählerinnen und Wählern hoch sein. Ob das nicht ein Schuss ins Knie war? Oder besser: ins Jogginghosenbein?
Übrigens
Der Internationale Tag der Jogginghose am 21. Jänner wurde von österreichischen Schülern initiiert. Vier Grazer Schüler haben 2009 die ganze Klasse dazu animiert, in Jogginghosen in die Schule zu kommen. 2023 könnte ein zweiter Tag dazukommen: Das Kabarettduo Gebrüder Moped ruft alle Schülerinnen und Schüler Wiens dazu auf, heute in Jogginghosen zum Unterricht anzutreten.