Randerscheinung

Schularbeiten und Weltuntergänge

Carolina Frank
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Der nicht enden wollende Winter hat definitiv seine Spuren hinterlassen.

Auf dem Rad Richtung Redaktion schnaufe ich untrainiert so sehr, dass ich wohl bald Zertifikate zu­kau­fen werde müssen, um meinen CO2-Ausstoß zu kompensieren. Und meine Haube habe ich auch Ende April (ich weiß schon, Sie lesen das hier erst im Mai, da ist sicher alles längst dulliwulli) noch immer mit dabei.

Mit dem Jüngsten führe ich ganz ohne Haube, aber bald schon recht außer Atem immer wieder Schulgespräche, die in etwa wie folgt verlaufen. Ich: „Und wie war die Englisch-Schularbeit?“ Er: „Das Listening hab’ ich einigermaßen verstanden, die Grammatik war so nicht im Stoff, und beim Aufsatz weiß man nie, wie viele Fehler man rein­gemacht hat. Aber eine Vier wird sich schon ausgehen.“ Ich: „Aha, es könnte aber schon auch einmal etwas Besseres sein als ein Vierer, oder?“ (Kurzer Einschub: Ich sage hartnäckig „ein ­Vierer“, er ebenso hartnäckig „eine Vier“.) Er: „Ich weiß nicht, was du dir vorstellst, die anderen haben auch keine besseren Noten.“ Ich zünde den Klassiker: „Für die anderen bin ich auch nicht zuständig.“ Er: „Weißt du, unsere Generation tut sich insgesamt nicht so viel an, weil die Erde eh bald untergeht.“

Er hat übrigens nicht „tut sich nicht so viel an“ gesagt, sondern etwas mit „S“ (ein Tipp: „Schaufenster“ ist nicht die richtige Antwort). ­Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass Corona (der Jüngste hat von mitten in der 4. Volksschule bis zum 2. Gymnasium keine geregelte Struktur gehabt) und alles, was danach gekommen ist, tatsächlich Spuren hinterlassen haben. Während die Älteren sich eher Sorgen machen, reagiert der Jüngste recht abgeklärt. Fast so, als würde er jederzeit damit rechnen, dass wieder etwas passiert. Und zwar mehr als eine Vier auf Englisch.

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("Die Presse Schaufenster" vom 05.05.23)

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