Ukraine-Krieg

Floh eine russische Armee-Einheit von der Front in Bachmut?

IMAGO/ITAR-TASS
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Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin erhebt neue schwere Vorwürfe gegen das russische Militär, droht mit dem Abzug seiner Männer wegen eines Mangels an Munition und fragt laut und provokant Richtung Moskau: „Warum ist der Staat nicht in der Lage, sein Land zu verteidigen?“

Kiew. In Moskau feierten sie den „Tag des Sieges“ und in Kiew nach überstandenen nächtlichen Raketenangriffen den Europatag. Jewgeni Prigoschin aber feierte nicht. Der Chef der Söldnergruppe Wagner tat stattdessen, was er fast immer tut: Er schimpfte über die Militärführung und erhob Vorwürfe. „Heute ist eine der Einheiten des Verteidigungsministeriums von einer unserer Flanken geflohen“, behauptete der Russe in einem Telegram-Video. Die Soldaten hätten den Frontabschnitt im Raum Bachmut im ukrainischen Donbass ungesichert zurückgelassen.

„Nur mit Intrigen beschäftigt“

Die Schuld an dem angeblichen Fiasko tragen für den 61-Jährigen Männer wie Verteidigungsminister Sergej Schoigu oder wie Generalstabschef Waleri Gerassimow. Denn die Soldaten würden aus der Armee „fliehen“, weil das Verteidigungsministerium „statt mit Kämpfen“ nur „mit Intrigen“ beschäftigt sei und auch Putin hinters Licht führe, klagte Prigoschin, dem Intrigen freilich selbst nicht fremd sind. Für den Ex-Häftling und Ex-Gastronomen ist der Ukraine-Krieg ein gutes Geschäft. Er füllt sich damit die Taschen. Es geht ihm aber nicht nur ums Geld, sondern auch um Einfluss und Macht.

Prigoschin drohte Moskau auch erneut mit dem Abzug seiner Truppen aus Bachmut. Erst vor wenigen Tagen hatte er mit seiner Ankündigung für Schlagzeilen gesorgt, seine Söldner bis Mittwoch von der Front in Bachmut zurückzuholen, weil es an Munition mangle. Danach wendete Prigoschin und begründete das damit, dass Moskau nun Nachschub zugesagt habe.

Am Dienstag drohte er dann wieder mit dem Rückzug. Grund: Man habe nur „zehn Prozent der angeforderten Munition erhalten“, behauptete der Mann mit der markanten Glatze und der oft finsteren Miene.
Sofort abziehen will Prigoschin aber nicht: „Wir werden noch einige Tage bleiben, wir werden trotz allem kämpfen.“ Und viele Beobachter bezweifeln ohnehin, dass er ohne das Plazet des Kreml einen Rückzug wagen würde. Eine Lesart lautet, dass Prigoschin mit seinen Drohungen mehr Unterstützung erpressen will und den Schwarzen Peter dem Verteidigungsministerium zuschieben möchte, wenn es darum geht, warum Bachmut zwar großteils, aber noch nicht vollständig erobert ist. Weitere 150 Meter wollen Prigoschins Söldner Anfang der Woche in der Ruinenstadt vorgerückt sein.

Prigoschin erwähnte auch Vorbereitungen der Ukrainer für eine Frühjahrsoffensive und deren „erfolgreiche“ Angriffe in der russischen Grenzregion: „Warum ist der Staat nicht in der Lage, sein Land zu verteidigen?“, fragte er Richtung Moskau. Harter Tobak. Und zum „heiligen“ 9. Mai bemerkte er: „Der Tag des Sieges ist der Tag des Sieges unserer Großväter. Wir haben diesen Sieg noch mit keinem Millimeter verdient.“

London: Wassermangel im Donbass

In den besetzten Gebieten im Donbass herrscht indes Wassermangel. Zumindest behaupten das die Briten in ihrem „Geheimdienstbriefing“. Der Siwerskyj-Donez-Kanal, der das Gebiet großteils versorgt, sei nämlich weitgehend in ukrainischer Hand. Russische Eroberungsversuche scheiterten. Die Russen könnten nun eine Leitung bauen, um die Wasserknappheit in der Großstadt Donezk zu verringern. Allerdings sei es „höchst unwahrscheinlich“, dass damit der eingeschränkte Zugang zu Wasser vollständig kompensiert werden könnte.

(strei/ag.)

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