Gastkommentar

ÖH-Wahlen: Demokratie lebt von Teilhabe

Bis morgen können Studierende ihre Vertretung wählen. Warum haben sie so wenig Interesse an der Mitbestimmung?

Der Autor

Michael Griesser, 17, ist Schüler der 3. Klasse, HTL Lastenstraße in Klagenfurt, Sprecher im Jugendrat Klagenfurt, stv. Schulsprecher. Zudem ist er Student an der Uni Klagenfurt für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (2. Semester) und arbeitet in der ÖH in vielen Referaten mit.

Seit dem 9. Mai finden in Österreich die ÖH-Wahlen statt, und wieder ist eine desinteressierte Haltung der Studierenden zu beobachten. Warum aber haben Betroffene kein Interesse daran, zu wählen?

Die österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft ist eine der wichtigsten Vertretungen im Bildungssystem. Sie hat die Aufgabe, die Meinung von fast 400.000 Studierenden gegenüber dem Bund und den entsprechenden Einrichtungen zu vertreten und für die Studierenden die Bedingungen an den Universitäten so zu gestalten, dass die Interessen und Schwerpunkte von den Studierenden selbst gesetzt werden.

Um diese Gremien auf Hochschul- und Bundesebene zu bestimmen, finden alle zwei Jahre ÖH-Wahlen statt, doch die Studierenden nehmen dieses Angebot der Mitbestimmung nur selten an. Bei den letzten Wahlen 2021 lag die Wahlbeteiligung bundesweit bei nur 16 Prozent. Bei einigen Hochschulen waren es weniger als zehn Prozent. Das bedeutet, dass nicht einmal ein Fünftel der in Österreich studierenden Personen daran interessiert ist, die gesetzliche Vertretung mitzubestimmen.

Befragt man Mitstudentinnen und Studenten zur ÖH, merkt man schnell, dass ihnen die Bedeutung dieser Institution nicht bewusst ist. Das Problem liegt darin, dass die ÖH unter dem Jahr oft nicht bemerkbar in Erscheinung tritt und die Wähler erst im Wahlkampf erfahren, wer ihre Vertretung ist, welche Fraktionen zur Wahl stehen. Das reicht fast nie aus, um die Wahlberechtigten zum Wählen zu bewegen. An dieser Stelle muss aber auch erwähnt werden, dass die ÖH an vielen Hochschulen versucht, aktiv auf die Studierenden zuzugehen, diese aber oft kein Interesse an deren Vertreterinnen und Vertretern zeigen.

Ein weiteres Problem ist das Bildungssystem. Das Bildungssystem versagt im Bereich der politischen Bildung. Egal, ob es um die Diskussion von Grundstrukturen geht, um die Bedeutung von verschiedenen Fraktionen oder um Vertretungsorgane. Die Schule bildet nicht dazu aus, die eigene Meinung zu vertreten. So wissen viele Schülerinnen und Schüler gar nicht, dass es eine Landes- und Bundesschülervertretung gibt, die versucht, das Bildungssystem besser zu machen. Nebenbei sei erwähnt, dass diese Schülervertretung schon seit Jahren eine entsprechende politische Bildung an unseren Schulen fordert.

Es herrscht Desinteresse

Das größte Problem sind bestimmt die Studierenden und ihre Situation. Wenn man sie fragt, warum sie nicht wählen gehen, sagen sie oft, dass ihnen die Zeit, Motivation oder Informationen fehlen. Die Studierenden haben meist einen vollen Stundenplan und glauben, dass eine Wahl wie diese keine große Auswirkung hat. Diese Einschätzung ist der größte Feind der ÖH.

Jeder Mensch hat Wünsche, und politische Vertretungen sind dazu da, die Bestreben einer Gemeinschaft zu erreichen. Aber wenn von diesen Menschen kein Interesse kommt, kann ein solches politisches Gremium nicht richtig funktionieren. Darüber hinaus kann eine solche Haltung gegenüber der Interessenvertretung von der Politik als Argument genutzt werden, um nicht auf die Wünsche der Studierenden einzugehen. Es ist wichtig, dass jede wahlberechtigte Person von diesem Recht Gebrauch macht und mitbestimmt, wer die Zukunft des Hochschulwesens beeinflussen darf. Dieses Jahr sind die Wahlen vom 9. bis 11. Mai. Wer sie nutzt, hat seine Zukunft selbst in der Hand.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2023)

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