WikiLeaks: Österreichs Iran-Geschäfte im US-Visier

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WikiLeaks oesterreichs IranGeschaefte USVisier(c) AP (Richard Drew)
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Hartnäckig versuchten US-Diplomaten, brisante Waffenverkäufe der Firma Steyr-Mannlicher an den Iran zu verhindern. Dies zeigen neue, geheime Botschaftsdepeschen aus Wien, die dem Magazin "News" nun vorliegen.

Wien/Hd. Wenn US-Diplomaten aus Wien nach Washington berichteten, dann hatten sie in den vergangen Jahren meist eine Sorge: Iran. Genauer: Die Geschäfte österreichischer Firmen mit dem Iran. Dass die USA etwa vehement gegen Waffenverkäufe der Firma Steyr-Mannlicher an das Mullah-Regime auftraten, ist zwar bekannt, Washington verhängte gegen das Unternehmen 2005 sogar ein Embargo. Wie hartnäckig die USA hinter den Kulissen aber versuchten, solche Geschäfte zu verhindern, geht nun aus geheimen US-Dokumenten hervor, über die das Magazin „News“ in seiner heutigen Ausgabe berichtet.

„News“ verfügt laut eigenen Angaben nun über sämtliche Botschaftsdepeschen aus der Wiener US-Vertretung, die im Besitz der Enthüllungsplattform WikiLeaks sind. Daraus geht unter anderem hervor, wie die US-Diplomaten erfolglos Ministerium um Ministerium abklapperten, um den Verkauf von 800 Scharfschützengewehren des Typs H-50 zu verhindern. Das Klinkenputzen im Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium war vergebens. Die Exportgenehmigungen waren erteilt, drei Viertel der Gewehre zu dem Zeitpunkt bereits geliefert.

Also wollten die US-Beamten wenigstens die Seriennummern und wurden beim damaligen Steyr-Mannlicher-Chef Wolfgang Fürlinger vorstellig. Von diesem mussten sie sich dann auch noch verhöhnen lassen: „Wenn ihr die Scharfschützengewehre nicht mögt, dann werdet ihr das, was als Nächstes kommt, erst richtig hassen.“

Was kommen hätte sollen: Die Iraner zeigten reges Interesse am Steyr-Sturmgewehr StG77. Diesmal waren die Amerikaner jedoch erfolgreicher: Sie fütterten einen wichtigen Beamten im Wirtschaftsministerium (von dort war auch der Tipp gekommen) offenbar mit Geheimdienstmaterial, das belegt, dass der Iran Waffen an Terrororganisationen liefert – eine kleine Argumentationshilfe für die österreichischen Behörden zum Verweigern der Exportgenehmigung.

FPÖ: Mangel an Führungskräften

Epilog zum Scharfschützengewehr: Es tauchte tatsächlich wie von den USA befürchtet später bei Aufständischen im Irak auf. Allerdings nicht im österreichischen Original, sondern als Nachbau.

Brisant auch der Fall Daniel F: Hier geht es expressis verbis um den Verdacht der „Beihilfe zur Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Unter diesem Titel wurde F.s Vater 2006 festgenommen, im Prozess zwei Jahre später allerdings freigesprochen. Doch eigentlich ging es um seinen Sohn, den Inhaber der Grazer Firma DFE. Er steht bis heute auf der Fahndungsliste.

Es geht dabei um den Handel mit Dual-Use-Gütern, das sind Waren, die nicht nur für zivile, sondern auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Wie etwa die 112Wolfram-Stangen, die an eine Firma im Umfeld der „Iranian Aerospace Industries Organization“ gehen hätten sollen. Letztere stand im dringenden Verdacht, in das iranische Raketenprogramm verwickelt zu sein.

Offenbar waren die staatlichen Stellen in dem Fall recht hilfreich: „Österreichs Behörden haben auf informellem Wege enorme Mengen elektronischer Daten aus der Firma Daniel F. Exports angeliefert“, zitiert „News“ aus den Botschaftsdepeschen. Dies relativiert die andernorts erhobenen US-Klagen, Österreich sei wenig kooperationsbereit. In der anderen Richtung hat offenbar die CIA der österreichischen Zollfahndung den entscheidenden Hinweis gegeben.

Auch der FPÖ-Chef findet sich in den Depeschen. Es geht um einen Besuch von Heinz-Christian Strache im November 2007 in der US-Botschaft: Strache bekundet dabei zwar Verständnis für die in den USA existierende Todesstrafe – allein, es half ihm nichts. Als „wenig gewinnbringend“ stuft man seitens der US-Botschaft weitere Kontakte mit der FPÖ-Spitze ein, Strache wird als „zynisch“ beschrieben. Härter das Urteil über den ihn begleitenden Harald Vilimsky: Dessen „formelhafte Wortmeldungen“ wertet man als Anzeichen eines Mangels an qualifizierten Führungskräften in der Partei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2011)

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