Kapitalmarkt

Kampf der Börse gegen Windmühlen

„Aktien sind in der Mitte der Bevölkerung angekommen“, sagt Heimo Scheuch, Aufsichtsratsvorsitzender der Börse.
„Aktien sind in der Mitte der Bevölkerung angekommen“, sagt Heimo Scheuch, Aufsichtsratsvorsitzender der Börse.Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Die Aktionärsquote sei hierzulande „trotz und nicht wegen des politischen Umfelds“ hoch, sagt der Börse-Chef.

Die Zinsen steigen in gar nicht so langsamen Schritten. Und damit stellt sich für viele die Frage, ob sie künftig (weiterhin) in Aktien investieren sollen. Denn die Sparzinsen erscheinen wieder einigermaßen attraktiv – zumindest im Vergleich zu früher. Mit Zinsangeboten zwischen zwei und drei Prozent schreiben Anleger zwar noch immer reale Verluste. Auf dem Papier sieht das Plus am Jahresende aber nicht mehr gar so trist aus.

Könnte das die in den vergangenen Jahren gewachsene Aktienkultur in Österreich nun beeinflussen? Christoph Boschan, der Chef der Wiener Börse, glaubt das nicht – vor allem dann nicht, wenn langfristig investiert werde, wie er am Mittwoch anlässlich eines Pressegesprächs sagte. Zwar war das Vorjahr von einer Kehrtwende an den Kapitalmärkten geprägt: Hohe Inflationsraten, kräftige Leitzinserhöhungen, sowie die allgemeine Unsicherheit, führten zu einem Abtauchen der Aktienkurse, auch Anleihen verloren an Wert.

Doch wer Aktien kauft, kauft auch Anteile an Unternehmen und sichert sich damit deren Gewinne. „Österreichische Unternehmen haben eine lange Historie der Dividendenausschüttungen“, sagt Boschan. Und auch heuer werde es wohl zu einem Geldregen kommen.

Ein Viertel besitzt Aktien

In Österreich besitzen inzwischen 25 Prozent der Bevölkerung Wertpapiere – auch jene, mit weniger hohem Einkommen. „Das zeigt, dass sich die Menschen Gedanken über ihre Zukunft machen“, sagt Heimo Scheuch, der Aufsichtsratsvorsitzende der Wiener Börse und Vorstand des Ziegelkonzerns Wienerberger. Nachsatz Boschan: Die Aktionärsquote gäbe es „trotz und nicht wegen des politischen Umfeldes.“

Obwohl die Einführung der Behaltefrist auf Aktien im türkis-grünen Regierungsprogramm steht – Aktien, so die Idee, sollen nach einem Jahr wieder steuerfrei verkauft werden können – harrt es der Umsetzung. Anleger müssen deshalb weiterhin 27,5 Prozent des Kursgewinns abführen. Die dennoch ungebrochene Bereitschaft der Bevölkerung an der Börse zu veranlagen, solle aber „nicht zur Entspannung auf politischer Seite führen“, sagt Boschan.

Mit Verweis auf die Politik, wünscht sich Scheuch auch, dass man sich fragen solle, wie der „Wohlstand der Zukunft“ aussähe. Er spricht dabei die Veranlagungsweise der Pensions-und Vorsorgekassen an. Er verstehe etwa nicht, so Scheuch, warum vier Prozent der Wienerberger, deren CEO er ist, von dem Pensionsfonds der Lehrer aus dem Staat New York gehalten werden könne – und so etwas in Österreich nicht möglich sei.

Strenge Vorschriften

Hierzulande ist es tatsächlich so, dass Vorsorgekassen (sie sind für die Abwicklung der Abfertigung Neu zuständig), strengen Vorschriften unterliegen. Die Kassen veranlagen zwar hauptsächlich über Investmentfonds, waren mit diesen aber zu drei Vierteln in Anleihen investiert, lediglich elf Prozent flossen in Aktien. Ihr „Problem“ ist, dass sie zur Kapitalgarantie verpflichtet sind und die eingezahlten Beträge auch auszahlen müssen. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsmarktentwicklung haben die Vorsorgekassen zudem schwankende Auszahlungserfordernisse.

Die Pensionskassen wiederum (hier zahlt der Arbeitgeber freiwillig ein), sind mehr oder weniger frei in ihrer Veranlagung, was sich deutlich in ihrem Portfolio widerspiegelt: So wurden zuletzt 37 Prozent in Aktien und nur 32 Prozent in Anleihen investiert. Auch wenn die Wiener Börse hier zunächst nur Forderungen an die Politik stellen kann, blieb sie selbst nicht untätig, um Anleger künftig niederschwelliger zu erreichen. So hat sie ein Instrument entwickelt, das es Privatanlegern ermöglicht, über den Online-Zugang ihrer Bank, an Neuemissionen (aller Art) teilzuhaben. Mit dabei sind etwa RBI, Erste, Oberbank oder Dadat.

Der Kreis der Institute dürfte sich künftig erweitern. Das System sei fertig und jederzeit startbereit, so Boschan. Häufig kommen Anleger bei Börsendebüts nicht zum Zug, das soll sich damit ändern. Allerdings gibt es auch Stimmen, die Anlegern raten, bei Neuzugängen erstmal abzuwarten. Denn für gewöhnlich ist der Start eines Unternehmens am Handelsparkett eine Angelegenheit von Großinvestoren. Die Pipeline für Börsengänge in Wien ist laut Boschan jedenfalls gut gefüllt. Als prominenter Zugang dürfte sich wohl bald das Funkmasten-Geschäft der Telekom Austria (siehe auch Seite 15) erweisen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.